¡Hola!
Ein Überblick über die Geschehnisse der letzten drei Wochen hier im Norden von Potosí:
Am Sonntag, 4. Mai, findet im Norden Potosís das alljährliche "Fiesta de la Cruz" (Fest des Kreuzes) statt. Dieses ist unwiderrufliche mit dem bekanntesten lokalen Tanz, dem Tinku, verbunden. Macha, ein kleiner Ort eine Autostunde von "meinem" Dorf entfernt, ist der bekannteste Austragungsort dieses Fest. Da der Bus, mit dem ich am Sonntag normalerweise ins Dorf fahre, auch Macha passiert, erlebte ich live, was es heisst, wenn die Tinkutänzer aufs Tanzen pfeifen und sich den Kampf ansagen. Am Hauptplatz wird fröhlich getrunken, getanzt und Waren verkauft, während 50 Meter weiter zwei "verfeindete" Gemeinden sich mit Steinen die Köpfe einschlagen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes - Ergebnis dieses Jahres: zwei Tote und unzählige Verletzte. Wenn man allerdings mit den Menschen hier spricht, heisst es oft, einer muss sowieso mindestens sterben, da sonst kein Opfer fuer die Pachamama dargebracht wurde (gute Erklaerung von Pachamama: http://de.wikipedia.org/wiki/Pachamama). Die Polizei, die eigentlich das Schlimmste verhindern sollte, erscheint sehr hilflos - ein paar Dorfpolizisten die eine Horde rauflustiger Bauern/Bäuerinnen in Schach halten sollte. Wenn es als zu schlimm befunden wird, wirft man halt wieder einmal eine Tränengasbombe unter das Volk, was aber relativ wenige abschreckt. Eine gute Homepage zum Tinku in der Gegend von Macha ist: http://www.unet.univie.ac.at/~a9750175/deutsch/atinku.htm
Nachdem wir zirka eine Stunde im Bus gewartet haben, da wegen der Raufereien einfach kein Durchfahren möglich war, ging es dann doch ueber einen kleinen Umweg weiter.
Im Englisch-Unterricht sind die Bücher, die ich vom Gymnasium Freistadt bekommen habe, sehr nützlich - allerdings kennt man das hier nicht, das Unterrichtsmaterialien aufbauend sind, d.h. ich muss zuerst die Lektion 1 beherrschen, bevor ich Lektion 2 machen kann. Hier wird halt bei der Unterrichtsvorbereitung das Buch aufgeschlagen und zufällig ein Lied oder eine Übung ausgewählt, die gerade ein bisschen zum Stoff passt. Wahrscheinlich ist das eben nicht so, wie es sich die Autoren der Bücher und LehrerInnen in Österreich vorstellen, aber für hier, wo normalerweise nur fade Satzübersetzungen gemacht werden, einfach ein grosser Fortschritt in der Unterrichtsqualität.
Im Dorf ist es jetzt in der Nacht schon immer sehr kalt - wir befinden uns ja im Herbst und bewegen uns in raschen Schritten dem Winter zu. Am Morgen steht das Termometer meist nur bei 5° C, aber im Zimmer. Draussen duerfte es noch um einiges kaelter sein, da der Wasserhahn oft bis 1 Uhr Nachmittag gefroren ist.
Als ich letztes Wochenende nach Llallagua fuhr, hatte ich leider ein bisschen Pech: Am Freitag, 10 Uhr morgens konnte ich mit einem PKW bis ins naechste Dorf mitfahren. Von dort ist es normalerweise kein Problem eine Mitfahrgelegenheit bis nach Llallagua zu bekommen. Dem war aber nicht so - geschlagene sechs Stunden sass ich am Strassenrand, mit scharfem Blick in der Ferne ein Auto suchend, und - es kam nichts. Schlussendlich, um 5 Uhr nachmittags konnte ich mit einem Lehrer nach Llallagua fahren. So dauerte meine Reise, die normalerweise ca. 5 Stunden ist, diesmal das Doppelte - naemlich 10 Stunden. Aber gut - ich habe es ueberlebt, wenn auch mit schweren Nervenschäden. ;-)
Diese Woche bin ich bereits am Dienstag aus dem Dorf geflüchtet, da ich am Morgen einfach keine Stimme hatte und es mir auch so gesundheitlich nicht gut ging - eine sehr kurze Woche, da aber nur bis Mittwoch Schule nicht so schlimm. Mittlerweile geht es auch langsam wieder besser und ich geniesse fuer ein paar Tage den Luxus in einem "europäischen" Haus zu wohnen (inkl. warmer Dusche!!!).
Freue mich auf eure Rückmeldungen per E-Mail!
Liebe Grüsse aus Llallagua im kalten Norden Potosís,
Andreas
PS: Mittlerweile sind es schon weniger als 3 Monate bis ich wieder in Österreich bin. Freue mich schon wieder auf euch!
Donnerstag, 22. Mai 2008
Sonntag, 4. Mai 2008
Mit vollem Schwung ins letzte Drittel!
¡hola amig@s en el mundo!
Nach mehr als einem Monat und einigen "Beschwerden" ;-) , wann den wieder ein Eintrag komme, hier der Bericht über die vergangenen sechs Wochen in Bolivien.
Leider fing die Woche nach dem 15. März nicht besonders gut an - bereits am Montag wieder einmal Durchfall. Wahrscheinlich war ein Sandwich, das ich am Vortag auf der Reise gekauft hatte, bereits zu lange zubereitet. Da in jener Woche die Karwoche und bereits ab Mittwoch keine mehr Schule mehr stattfand, konnte ich bereits am Dienstag Nachmittag aufbrechen und meine Reise in Richtung Süden des Landes, nach Tarija (Link: http://www.bolivia.de/de/tourismus/tarija.html) beginnen. Doch meine Pläne gingen nicht ganz auf - am Dienstag kam erst spätabends ein LKW, der mich mitnahm. Allerdings nur bis Macha, dem nächsten Dorf, und dort war meine Reise für diesen Tag auch bereits wieder zu Ende - keine weitere Mitfahrgelegenheit in Richtung Potosí. Also übernachtete ich in Macha für 6 Bolivianos (ca. 60 Eurocent) und hatte Angst, dass mir vom Kari-Kari mein Fett in der Nacht abgesaugt würde, da ja dies in jenem Dorf besonders gefährlich sei. Am Land in Bolivien glauben beinahe alle an diesen "Geist" und fürchten ihn, da man normalerweise danach stirbt. Das Problem ist zusätzlich, dass die Legende besagt, dass ein ausgebildeter Arzt die Krankheit nur schlimmer mache und man nur mit traditioneller Medizin eine Chance hätte. Das dadurch viele, oft leicht heilbare, Krankheiten einfach unbehandelt bleiben, liegt auf der Hand.
Am nächsten Morgen ging es weiter nach Potosi (http://de.wikipedia.org/wiki/Potos%C3%AD), wo ich die "Casa de la Moneda" - "Haus des Geldes" besuchte. Die ehemalige Münzprägestätte der Spanier dient nun als Museum, wo vor allem die Geschichte Potosís dargestellt wird. Interessant ist, dass heute einige der bolivianische Münzen in Spanien geprägt werden - Geschichte einfach umgedreht!
Über Nacht ging es dann weiter nach Tarija, der Stadt des Weines in Bolivien. Ich genoss in diesen zwei Tagen vor allem das Wetter - endlich wieder einmal nur mit kurzem T-Shirt herumzulaufen. Doch nicht nur das Wetter war ein Genuß, sondern auch der Wein, den ich in einer privaten Tour mit einem Taxifahrer (70 Bol - 6 EUR) in drei Weinkellnern degustierte. In der Nacht von Karfreitag auf Karsamstag ging es in einer zehn-stündigen Busfahrt wieder zurück nach Potosí, wo ich meinem Hotel das warme Duschen und die Gemeinschaft mit Leuten aus aller Welt genoss - wo kann man schon mit Personen von vier Kontinenten (S-Amerika, N-Amerika, Europa, Australien) gemeinsam ein Bier trinken?
Am Sonntag schloss ich meinen Urlaub mit der fünfstündigen Rückreise ins Dorf - Tomaycuri - ab.
Doch die Höhepunkte gehen weiter: Am Montag, 24. März, wurde der Tag des Meeres gefeiert (interessanter Erfahrungsbericht unter http://blog.amistad-bolivia.info/tag-des-meeres-dia-del-mar/). Ich nutzte die "Hora Cívica" (Feierstunde) um zum Schluss die Englisch-Bücher, die mir das BG/BRG Freistadt gesendet hatte, ofiziell an die Schule zu übergeben. Aus diesem Grund musste ich meine erste kleine Rede auf Spanisch halten und es "geht mittlerweile ganz flüssig". ;-)
In jener Woche hatten wir leider im Dorf immer wieder Probleme mit dem Wasser - nur selten tropfte es aus den Hähnen und wenn, dann stand die gesamte Dorfbevölkerung Schlange um etwas Wasser zu ergattern. Zum Glück ist das Loch in der Leitung aber mittlerweile wieder geflickt - allerdings wurde mir richtig bewusst, wie hilflos wir ohne Wasser sind und wie wenig wir die gute Trinkwasserversorgung in Österreich schätzen.
Meine Fahrt nach Llallagua in jener Woche (27. März) war auch ein Erlebnis - da der LKW zuvor Mehl transportiert hatte, waren wir nachher "mehr als weiß" - zumindest kannte man den Unterschied nicht mehr, wer nun der Gringo "Weißer" war. :-)
Am Wochenende wohne ich seit einiger Zeit bei Esther und Philippe, zwei Schweizern, die in Llallagua im "Centro Integral Juvenil" (Jugendzentrum) arbeiten. Für mich ist es immer sehr angenehm, europäisches Essen zu geniessen, mit jemanden, der ähnliche Erfahrungen macht, zu tratschen, warm zu duschen, ...
Da ich schon mehrmals gefragt wurde, wie gross denn die Schule in meinem Dorf sei, hier die aktuellen Zahlen aus Tomaycuri: insgesamt 378 SchülerInnen und 14 LehrerInnen in 12 Schulstufen (bis zur bolivianischen Matura); allerdings gehören zur "Zentralschule" in Tomaycuri noch einige kleinere Schule in anderen Dörfern dazu: alles gesamt: 735 SchülerInnen und 30 LehrerInnen
Hoffe, die Neugierde ist befriedigt! ;-)
Am 3. April marschierte ich gemeinsam mit den beiden Direktoren und der Lokalkoordinatorin genau zu so einer kleineren Schule in Qheojo. Nach einer zweieinhalbstündigen Wanderung (normalerweise eineinhalb Stunden, aber wir haben uns verlaufen) über Stock und Stein, nahmen wir an einer Versammlung mit den Lokalautoritäten, Eltern usw. teil. Das Ziel war auch, SchülerInnen, die die achtjährige Schulpflicht noch nicht abgeschlossen haben, zum Schulbesuch zu überreden. Gesetzlich könnten sogar bis zu 500 Bolivianos (40 EUR) Strafe verhängt werden, was aber nahezu nie geschieht und für die Landbauern einfach nicht leistbar wäre - dieser Betrag muss für die Ernährung einer Familie für mehrere Monate reichen.
Wer aufmerksam meinen Blog verfolgt hat, kann sich sicher an meine Zimmermaus erinnnern - dies ist nun das letzte Kapitel der Geschichte. Am 8. April wurde das Mäuschen tot und halb von Maden zerfressen unter meinem Schrank gefunden. Ruhe in Frieden, meine Hausmaus, und dass keine Nachfolger erscheinen!
Am 10. April fand in die Tomaycuri die ofizielle Übergabe der Verantwortung der Schülerpension in Familien von Fundación Pueblo an die Gemeinde statt. Mittlerweile läuft das Programm im fünften Jahr und hat schon vielen SchülerInnen den Schulbesuch ermöglicht. Um die Nachhaltigkeit zu garantieren zieht sich Fundación Pueblo nun Mitte des Jahres zurück und die Gemeinde führt das Programm weiter. Fundación Pueblo wird nun in anderen ländlichen Regionen Boliviens den Samen des Programms säen und wir hoffen, dass die Ernte so reichhaltig ausfällt wie im Norden von Potosí.
Wie bereits im Titel ersichtlich ist, habe ich schon mehr als zwei Drittel meines Dienstes abgeschlossen. Um den Staat Österreich über meine Tätigkeit hier zu informieren, erstellte ich nach dem 8. Monat meinen zweiten Tätigkeitsbericht. Im Internet ist er unter http://www.doktus.de/dok/50756/taetigkeitsbericht2_horner.html zu finden, wo ihr euch ihn jederzeit downloaden könnt (links auf rotes Symbol unter " Dnload Dokument als:" drücken).
Am 12. April ging ich mit Esther und Philippe, den Schweizern, und einem weltreisenden Franzosen in Llallagua in die Mine. Ausgerüstet mit Wasser, Taschenlampen und Zigaretten für die Mineros (Minenarbeiter), starteten wir um sieben Uhr morgens unseren Ausflug. Mit einem Minero ging es 90 Meter auf glitschigen Holzleitern in die Tiefe. Die Arbeiter schuften in winzigen Stollen bei Hitze und Feuchtigkeit für einen Hungerslohn. Da jeder Minero auf seine eigenen Kosten arbeitet, kommt es auch sehr auf das Glück drauf an, ob er erzreiches Gestein, und vor allem in welcher Qualität findet, dass er dann weiterverkaufen kann. Nach einer kleinen Tour in der Mine führte uns der Minero zum Aufenthaltsraum und meinte, wir sollten dort drei Stunden auf ihn warten, da er jetzt arbeiten gehe. Also verbrachten wir jene Zeit neben einem Kompressor zur Luftversorgung, dösend, Koka-Blätter-kauend und auch ein wenig verärgert. Aber unser Führer kam zurück und wir erblickten nach einer aufregenden Liftfahrt - offener Holzkabine an Seil - und sechs Stunden unter der Erde das Tageslicht. Fix und fertig gingen wir durch die Stadt, von allen Einheimischen begafft, und freuten uns nur mehr auf die Dusche und das Hühnchen, das wir als Mittag-/Abendessen verspeisten.
Letzte Woche musste/durfte ich schon wieder reisen: Da ich in Bolivien immer nur ein Visum für 90 Tage, führte mich diese fünftägige Reise über die Grenze nach Argentinien. Im Grenzort La Quiaca verbrachte ich eine Nacht um am nächsten Tag wieder nach Bolivien einzureisen und - zum Glück - weitere 90 Tage Visum in Empfang nehmen durfte. Bei der Rückreise machte ich Halt in Tupiza (http://de.wikipedia.org/wiki/Tupiza) und liess mich auf dem Rücken eines Pferdes drei Stunden durch die herrliche Landschaft tragen.
Am Samstag ging es dann schon wieder in die Mine - diesmal in Potosí, wo diese Touristentouren schon ein riesiger Wirtschaftszweig sind. Die Mineros arbeiten allerdings unter den gleichen schlechten Bedingungen wie in Llallagua. So stirbt nur in Potosí im Durchschnitt ein Minenarbeiter pro Woche bei Unfällen im Berg.
Wie viele wahrscheinlich wissen werden, fanden in letzter Zeit zwei Konzerte der "Gymnasian Harmonists" des BG/BRG Freistadt unter der Leitung von Mag. Peter Wiklicky zu Gunsten von Fundación Pueblo statt. Ich gratuliere zu den zwei gelungenen Verstaltungen und bin ein wenig traurig, dass ich selbst nicht dabei sein konnte. Also, ein herzliches "muchas gracias" an den Chor (ihr habt eure humanitäre Reifeprüfung alle mit ausgezeichneten Erfolg bestanden!), an alle Mitwirkenden und natürlich an alle SpenderInnen! Ich freue mich sehr, da ich weiss, wie gut das Geld hier gebraucht und vor allem auch, wie sinnvoll es eingesetzt wird.
Zum Schluss gibt es natürlich zu diesen Geschichten auch noch Fotos.
Hier der Link:
PS: Eigentlich hätte dieser Eintrag schon vor einer Woche online gehen sollen. Da aber in Bolivien vieles nicht planbar ist, könnt ihr ihn erst heute lesen. Letztes Wochenende war die Strasse von meinem Dorf nach Llallagua auf einer Strecke von einem Fussweg von zwei Stunden blockiert. Der Nachbarort streikte - aber nicht wie in Oesterreich ein paar Leute, nein: das gesamte Dorf stand still. Angefangen von den Marktfrauen, ueber die Tankstelle bis zur Polizei arbeitete niemand. Der Grund: Der Buergermeister und die gesamten Lokalautoritäten sollten zuruecktreten. Aus diesem Grund hiess es am letzten Freitag schon zwei Stunden in der Mittagshitze marschieren. Am Samstag Abend wurde mir dann Auskunft gegeben, dass der Bus, der am Sonntag ins Dorf faehrt, erst am Sonntag Abend und nicht wie normal um zehn Uhr morgens fahren wird. Da ich dieser Auskunft des Busfahrers vertraute, wollte ich am Sonntag ausschlafen und danach den Bericht online stellen. Dem war aber nicht so: Als ich um viertel nach 10 Uhr morgens zum Bus ging, um nachzufragen, wann er nun fahre, meinten sie, er fahre jetzt sofort. Gut - Stress, Stress, Stress: Schnell Sachen gepackt, dabei Toilettsachen vergessen, zum Bus geeilt und den Eintrag nicht online gestellt. Soweit eine Geschichte aus Bolivien.
Noch eine Anmerkung zu den Zeitungsberichten zur Zeit in Oesterreich: Die schreckliche Geschichte zum "Martyrium im Kellerverlies" erschien sogar im bolivianischen Fernsehen. Doch auch in den bolivianischen Tageszeitung ist sie zu finden, z.B.: http://www.laprensa.com.bo/noticias/02-05-08/02_05_08_mund1.phpFuer viele Menschen hier wird es wahrscheinlich das erste Mal sein, dass sie etwas von Oesterreich hoeren. Ich wurde gestern bereits im Büro darauf angesprochen und gefragt, ob das mein Dorf sei.
Jetzt aber wieder etwas zur politischen Lage in Bolivien:
Am Sonntag, 4. Mai, wird es in Santa Cruz, einem Departament ("Bundesland") Boliviens, Autonomieabstimmungen geben, die aber von der Regierung in La Paz als ungueltig erklaert wurden. Es wird auch gesprochen, dass Leute aus dem Hochland, die zum Grossteil regierungstreu sind, sich formieren und am Sonntag nach Santa Cruz reisen um Leute am Abstimmen zu hindern, de facto um sich zu pruegeln. Zur Zeit weiss einfach niemand, was am Sonntag und in der Zeit danach passieren wird - im Radio wird sogar von Putschversuchen gesprochen. Ziemlich sicher wird es wieder Strassenblockaden geben und aus diesem Grund bin ich schon am Einkaufen von Lebensmittel, die dann vielleicht nicht geliefert werden. Zu diesem Thema erschien sogar in einer österreichischen Tageszeitung ein Artikel:
Nach mehr als einem Monat und einigen "Beschwerden" ;-) , wann den wieder ein Eintrag komme, hier der Bericht über die vergangenen sechs Wochen in Bolivien.
Leider fing die Woche nach dem 15. März nicht besonders gut an - bereits am Montag wieder einmal Durchfall. Wahrscheinlich war ein Sandwich, das ich am Vortag auf der Reise gekauft hatte, bereits zu lange zubereitet. Da in jener Woche die Karwoche und bereits ab Mittwoch keine mehr Schule mehr stattfand, konnte ich bereits am Dienstag Nachmittag aufbrechen und meine Reise in Richtung Süden des Landes, nach Tarija (Link: http://www.bolivia.de/de/tourismus/tarija.html) beginnen. Doch meine Pläne gingen nicht ganz auf - am Dienstag kam erst spätabends ein LKW, der mich mitnahm. Allerdings nur bis Macha, dem nächsten Dorf, und dort war meine Reise für diesen Tag auch bereits wieder zu Ende - keine weitere Mitfahrgelegenheit in Richtung Potosí. Also übernachtete ich in Macha für 6 Bolivianos (ca. 60 Eurocent) und hatte Angst, dass mir vom Kari-Kari mein Fett in der Nacht abgesaugt würde, da ja dies in jenem Dorf besonders gefährlich sei. Am Land in Bolivien glauben beinahe alle an diesen "Geist" und fürchten ihn, da man normalerweise danach stirbt. Das Problem ist zusätzlich, dass die Legende besagt, dass ein ausgebildeter Arzt die Krankheit nur schlimmer mache und man nur mit traditioneller Medizin eine Chance hätte. Das dadurch viele, oft leicht heilbare, Krankheiten einfach unbehandelt bleiben, liegt auf der Hand.
Am nächsten Morgen ging es weiter nach Potosi (http://de.wikipedia.org/wiki/Potos%C3%AD), wo ich die "Casa de la Moneda" - "Haus des Geldes" besuchte. Die ehemalige Münzprägestätte der Spanier dient nun als Museum, wo vor allem die Geschichte Potosís dargestellt wird. Interessant ist, dass heute einige der bolivianische Münzen in Spanien geprägt werden - Geschichte einfach umgedreht!
Über Nacht ging es dann weiter nach Tarija, der Stadt des Weines in Bolivien. Ich genoss in diesen zwei Tagen vor allem das Wetter - endlich wieder einmal nur mit kurzem T-Shirt herumzulaufen. Doch nicht nur das Wetter war ein Genuß, sondern auch der Wein, den ich in einer privaten Tour mit einem Taxifahrer (70 Bol - 6 EUR) in drei Weinkellnern degustierte. In der Nacht von Karfreitag auf Karsamstag ging es in einer zehn-stündigen Busfahrt wieder zurück nach Potosí, wo ich meinem Hotel das warme Duschen und die Gemeinschaft mit Leuten aus aller Welt genoss - wo kann man schon mit Personen von vier Kontinenten (S-Amerika, N-Amerika, Europa, Australien) gemeinsam ein Bier trinken?
Am Sonntag schloss ich meinen Urlaub mit der fünfstündigen Rückreise ins Dorf - Tomaycuri - ab.
Doch die Höhepunkte gehen weiter: Am Montag, 24. März, wurde der Tag des Meeres gefeiert (interessanter Erfahrungsbericht unter http://blog.amistad-bolivia.info/tag-des-meeres-dia-del-mar/). Ich nutzte die "Hora Cívica" (Feierstunde) um zum Schluss die Englisch-Bücher, die mir das BG/BRG Freistadt gesendet hatte, ofiziell an die Schule zu übergeben. Aus diesem Grund musste ich meine erste kleine Rede auf Spanisch halten und es "geht mittlerweile ganz flüssig". ;-)
In jener Woche hatten wir leider im Dorf immer wieder Probleme mit dem Wasser - nur selten tropfte es aus den Hähnen und wenn, dann stand die gesamte Dorfbevölkerung Schlange um etwas Wasser zu ergattern. Zum Glück ist das Loch in der Leitung aber mittlerweile wieder geflickt - allerdings wurde mir richtig bewusst, wie hilflos wir ohne Wasser sind und wie wenig wir die gute Trinkwasserversorgung in Österreich schätzen.
Meine Fahrt nach Llallagua in jener Woche (27. März) war auch ein Erlebnis - da der LKW zuvor Mehl transportiert hatte, waren wir nachher "mehr als weiß" - zumindest kannte man den Unterschied nicht mehr, wer nun der Gringo "Weißer" war. :-)
Am Wochenende wohne ich seit einiger Zeit bei Esther und Philippe, zwei Schweizern, die in Llallagua im "Centro Integral Juvenil" (Jugendzentrum) arbeiten. Für mich ist es immer sehr angenehm, europäisches Essen zu geniessen, mit jemanden, der ähnliche Erfahrungen macht, zu tratschen, warm zu duschen, ...
Da ich schon mehrmals gefragt wurde, wie gross denn die Schule in meinem Dorf sei, hier die aktuellen Zahlen aus Tomaycuri: insgesamt 378 SchülerInnen und 14 LehrerInnen in 12 Schulstufen (bis zur bolivianischen Matura); allerdings gehören zur "Zentralschule" in Tomaycuri noch einige kleinere Schule in anderen Dörfern dazu: alles gesamt: 735 SchülerInnen und 30 LehrerInnen
Hoffe, die Neugierde ist befriedigt! ;-)
Am 3. April marschierte ich gemeinsam mit den beiden Direktoren und der Lokalkoordinatorin genau zu so einer kleineren Schule in Qheojo. Nach einer zweieinhalbstündigen Wanderung (normalerweise eineinhalb Stunden, aber wir haben uns verlaufen) über Stock und Stein, nahmen wir an einer Versammlung mit den Lokalautoritäten, Eltern usw. teil. Das Ziel war auch, SchülerInnen, die die achtjährige Schulpflicht noch nicht abgeschlossen haben, zum Schulbesuch zu überreden. Gesetzlich könnten sogar bis zu 500 Bolivianos (40 EUR) Strafe verhängt werden, was aber nahezu nie geschieht und für die Landbauern einfach nicht leistbar wäre - dieser Betrag muss für die Ernährung einer Familie für mehrere Monate reichen.
Wer aufmerksam meinen Blog verfolgt hat, kann sich sicher an meine Zimmermaus erinnnern - dies ist nun das letzte Kapitel der Geschichte. Am 8. April wurde das Mäuschen tot und halb von Maden zerfressen unter meinem Schrank gefunden. Ruhe in Frieden, meine Hausmaus, und dass keine Nachfolger erscheinen!
Am 10. April fand in die Tomaycuri die ofizielle Übergabe der Verantwortung der Schülerpension in Familien von Fundación Pueblo an die Gemeinde statt. Mittlerweile läuft das Programm im fünften Jahr und hat schon vielen SchülerInnen den Schulbesuch ermöglicht. Um die Nachhaltigkeit zu garantieren zieht sich Fundación Pueblo nun Mitte des Jahres zurück und die Gemeinde führt das Programm weiter. Fundación Pueblo wird nun in anderen ländlichen Regionen Boliviens den Samen des Programms säen und wir hoffen, dass die Ernte so reichhaltig ausfällt wie im Norden von Potosí.
Wie bereits im Titel ersichtlich ist, habe ich schon mehr als zwei Drittel meines Dienstes abgeschlossen. Um den Staat Österreich über meine Tätigkeit hier zu informieren, erstellte ich nach dem 8. Monat meinen zweiten Tätigkeitsbericht. Im Internet ist er unter http://www.doktus.de/dok/50756/taetigkeitsbericht2_horner.html zu finden, wo ihr euch ihn jederzeit downloaden könnt (links auf rotes Symbol unter " Dnload Dokument als:" drücken).
Am 12. April ging ich mit Esther und Philippe, den Schweizern, und einem weltreisenden Franzosen in Llallagua in die Mine. Ausgerüstet mit Wasser, Taschenlampen und Zigaretten für die Mineros (Minenarbeiter), starteten wir um sieben Uhr morgens unseren Ausflug. Mit einem Minero ging es 90 Meter auf glitschigen Holzleitern in die Tiefe. Die Arbeiter schuften in winzigen Stollen bei Hitze und Feuchtigkeit für einen Hungerslohn. Da jeder Minero auf seine eigenen Kosten arbeitet, kommt es auch sehr auf das Glück drauf an, ob er erzreiches Gestein, und vor allem in welcher Qualität findet, dass er dann weiterverkaufen kann. Nach einer kleinen Tour in der Mine führte uns der Minero zum Aufenthaltsraum und meinte, wir sollten dort drei Stunden auf ihn warten, da er jetzt arbeiten gehe. Also verbrachten wir jene Zeit neben einem Kompressor zur Luftversorgung, dösend, Koka-Blätter-kauend und auch ein wenig verärgert. Aber unser Führer kam zurück und wir erblickten nach einer aufregenden Liftfahrt - offener Holzkabine an Seil - und sechs Stunden unter der Erde das Tageslicht. Fix und fertig gingen wir durch die Stadt, von allen Einheimischen begafft, und freuten uns nur mehr auf die Dusche und das Hühnchen, das wir als Mittag-/Abendessen verspeisten.
Letzte Woche musste/durfte ich schon wieder reisen: Da ich in Bolivien immer nur ein Visum für 90 Tage, führte mich diese fünftägige Reise über die Grenze nach Argentinien. Im Grenzort La Quiaca verbrachte ich eine Nacht um am nächsten Tag wieder nach Bolivien einzureisen und - zum Glück - weitere 90 Tage Visum in Empfang nehmen durfte. Bei der Rückreise machte ich Halt in Tupiza (http://de.wikipedia.org/wiki/Tupiza) und liess mich auf dem Rücken eines Pferdes drei Stunden durch die herrliche Landschaft tragen.
Am Samstag ging es dann schon wieder in die Mine - diesmal in Potosí, wo diese Touristentouren schon ein riesiger Wirtschaftszweig sind. Die Mineros arbeiten allerdings unter den gleichen schlechten Bedingungen wie in Llallagua. So stirbt nur in Potosí im Durchschnitt ein Minenarbeiter pro Woche bei Unfällen im Berg.
Wie viele wahrscheinlich wissen werden, fanden in letzter Zeit zwei Konzerte der "Gymnasian Harmonists" des BG/BRG Freistadt unter der Leitung von Mag. Peter Wiklicky zu Gunsten von Fundación Pueblo statt. Ich gratuliere zu den zwei gelungenen Verstaltungen und bin ein wenig traurig, dass ich selbst nicht dabei sein konnte. Also, ein herzliches "muchas gracias" an den Chor (ihr habt eure humanitäre Reifeprüfung alle mit ausgezeichneten Erfolg bestanden!), an alle Mitwirkenden und natürlich an alle SpenderInnen! Ich freue mich sehr, da ich weiss, wie gut das Geld hier gebraucht und vor allem auch, wie sinnvoll es eingesetzt wird.
Zum Schluss gibt es natürlich zu diesen Geschichten auch noch Fotos.
Hier der Link:
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Mit vollem Schwung ins letzte Drittel! |
PS: Eigentlich hätte dieser Eintrag schon vor einer Woche online gehen sollen. Da aber in Bolivien vieles nicht planbar ist, könnt ihr ihn erst heute lesen. Letztes Wochenende war die Strasse von meinem Dorf nach Llallagua auf einer Strecke von einem Fussweg von zwei Stunden blockiert. Der Nachbarort streikte - aber nicht wie in Oesterreich ein paar Leute, nein: das gesamte Dorf stand still. Angefangen von den Marktfrauen, ueber die Tankstelle bis zur Polizei arbeitete niemand. Der Grund: Der Buergermeister und die gesamten Lokalautoritäten sollten zuruecktreten. Aus diesem Grund hiess es am letzten Freitag schon zwei Stunden in der Mittagshitze marschieren. Am Samstag Abend wurde mir dann Auskunft gegeben, dass der Bus, der am Sonntag ins Dorf faehrt, erst am Sonntag Abend und nicht wie normal um zehn Uhr morgens fahren wird. Da ich dieser Auskunft des Busfahrers vertraute, wollte ich am Sonntag ausschlafen und danach den Bericht online stellen. Dem war aber nicht so: Als ich um viertel nach 10 Uhr morgens zum Bus ging, um nachzufragen, wann er nun fahre, meinten sie, er fahre jetzt sofort. Gut - Stress, Stress, Stress: Schnell Sachen gepackt, dabei Toilettsachen vergessen, zum Bus geeilt und den Eintrag nicht online gestellt. Soweit eine Geschichte aus Bolivien.
Noch eine Anmerkung zu den Zeitungsberichten zur Zeit in Oesterreich: Die schreckliche Geschichte zum "Martyrium im Kellerverlies" erschien sogar im bolivianischen Fernsehen. Doch auch in den bolivianischen Tageszeitung ist sie zu finden, z.B.: http://www.laprensa.com.bo/noticias/02-05-08/02_05_08_mund1.phpFuer viele Menschen hier wird es wahrscheinlich das erste Mal sein, dass sie etwas von Oesterreich hoeren. Ich wurde gestern bereits im Büro darauf angesprochen und gefragt, ob das mein Dorf sei.
Jetzt aber wieder etwas zur politischen Lage in Bolivien:
Am Sonntag, 4. Mai, wird es in Santa Cruz, einem Departament ("Bundesland") Boliviens, Autonomieabstimmungen geben, die aber von der Regierung in La Paz als ungueltig erklaert wurden. Es wird auch gesprochen, dass Leute aus dem Hochland, die zum Grossteil regierungstreu sind, sich formieren und am Sonntag nach Santa Cruz reisen um Leute am Abstimmen zu hindern, de facto um sich zu pruegeln. Zur Zeit weiss einfach niemand, was am Sonntag und in der Zeit danach passieren wird - im Radio wird sogar von Putschversuchen gesprochen. Ziemlich sicher wird es wieder Strassenblockaden geben und aus diesem Grund bin ich schon am Einkaufen von Lebensmittel, die dann vielleicht nicht geliefert werden. Zu diesem Thema erschien sogar in einer österreichischen Tageszeitung ein Artikel:
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