¡Hola!
Ein Überblick über die Geschehnisse der letzten drei Wochen hier im Norden von Potosí:
Am Sonntag, 4. Mai, findet im Norden Potosís das alljährliche "Fiesta de la Cruz" (Fest des Kreuzes) statt. Dieses ist unwiderrufliche mit dem bekanntesten lokalen Tanz, dem Tinku, verbunden. Macha, ein kleiner Ort eine Autostunde von "meinem" Dorf entfernt, ist der bekannteste Austragungsort dieses Fest. Da der Bus, mit dem ich am Sonntag normalerweise ins Dorf fahre, auch Macha passiert, erlebte ich live, was es heisst, wenn die Tinkutänzer aufs Tanzen pfeifen und sich den Kampf ansagen. Am Hauptplatz wird fröhlich getrunken, getanzt und Waren verkauft, während 50 Meter weiter zwei "verfeindete" Gemeinden sich mit Steinen die Köpfe einschlagen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes - Ergebnis dieses Jahres: zwei Tote und unzählige Verletzte. Wenn man allerdings mit den Menschen hier spricht, heisst es oft, einer muss sowieso mindestens sterben, da sonst kein Opfer fuer die Pachamama dargebracht wurde (gute Erklaerung von Pachamama: http://de.wikipedia.org/wiki/Pachamama). Die Polizei, die eigentlich das Schlimmste verhindern sollte, erscheint sehr hilflos - ein paar Dorfpolizisten die eine Horde rauflustiger Bauern/Bäuerinnen in Schach halten sollte. Wenn es als zu schlimm befunden wird, wirft man halt wieder einmal eine Tränengasbombe unter das Volk, was aber relativ wenige abschreckt. Eine gute Homepage zum Tinku in der Gegend von Macha ist: http://www.unet.univie.ac.at/~a9750175/deutsch/atinku.htm
Nachdem wir zirka eine Stunde im Bus gewartet haben, da wegen der Raufereien einfach kein Durchfahren möglich war, ging es dann doch ueber einen kleinen Umweg weiter.
Im Englisch-Unterricht sind die Bücher, die ich vom Gymnasium Freistadt bekommen habe, sehr nützlich - allerdings kennt man das hier nicht, das Unterrichtsmaterialien aufbauend sind, d.h. ich muss zuerst die Lektion 1 beherrschen, bevor ich Lektion 2 machen kann. Hier wird halt bei der Unterrichtsvorbereitung das Buch aufgeschlagen und zufällig ein Lied oder eine Übung ausgewählt, die gerade ein bisschen zum Stoff passt. Wahrscheinlich ist das eben nicht so, wie es sich die Autoren der Bücher und LehrerInnen in Österreich vorstellen, aber für hier, wo normalerweise nur fade Satzübersetzungen gemacht werden, einfach ein grosser Fortschritt in der Unterrichtsqualität.
Im Dorf ist es jetzt in der Nacht schon immer sehr kalt - wir befinden uns ja im Herbst und bewegen uns in raschen Schritten dem Winter zu. Am Morgen steht das Termometer meist nur bei 5° C, aber im Zimmer. Draussen duerfte es noch um einiges kaelter sein, da der Wasserhahn oft bis 1 Uhr Nachmittag gefroren ist.
Als ich letztes Wochenende nach Llallagua fuhr, hatte ich leider ein bisschen Pech: Am Freitag, 10 Uhr morgens konnte ich mit einem PKW bis ins naechste Dorf mitfahren. Von dort ist es normalerweise kein Problem eine Mitfahrgelegenheit bis nach Llallagua zu bekommen. Dem war aber nicht so - geschlagene sechs Stunden sass ich am Strassenrand, mit scharfem Blick in der Ferne ein Auto suchend, und - es kam nichts. Schlussendlich, um 5 Uhr nachmittags konnte ich mit einem Lehrer nach Llallagua fahren. So dauerte meine Reise, die normalerweise ca. 5 Stunden ist, diesmal das Doppelte - naemlich 10 Stunden. Aber gut - ich habe es ueberlebt, wenn auch mit schweren Nervenschäden. ;-)
Diese Woche bin ich bereits am Dienstag aus dem Dorf geflüchtet, da ich am Morgen einfach keine Stimme hatte und es mir auch so gesundheitlich nicht gut ging - eine sehr kurze Woche, da aber nur bis Mittwoch Schule nicht so schlimm. Mittlerweile geht es auch langsam wieder besser und ich geniesse fuer ein paar Tage den Luxus in einem "europäischen" Haus zu wohnen (inkl. warmer Dusche!!!).
Freue mich auf eure Rückmeldungen per E-Mail!
Liebe Grüsse aus Llallagua im kalten Norden Potosís,
Andreas
PS: Mittlerweile sind es schon weniger als 3 Monate bis ich wieder in Österreich bin. Freue mich schon wieder auf euch!
Donnerstag, 22. Mai 2008
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