Am letzten Sonntag musste ich wieder einmal feststellen, dass Zeit hier andere Einheiten hat: Abgemacht waere gewesen, dass wir um 10 Uhr mit einem Lehrer von Llallagua nach Tomaycuri fahren - Abfahrt war schliesslich, nachdem wir auch noch zu Mittag gegessen hatten, um 1 Uhr! Anmerkung zum Mittagessen: Wir assen Chicheron, gekochtes Schweinefleisch auf Mais und mit Bratkartoffeln, und das aber ohne Besteck, sondern nur mit den Fingern! Wer mich kennt, weiss, dass ich dem aber gar nicht so abgeneigt bin! ;-)
In Tomaycuri war am Sonntag ein "grosses" Fest: Was gefeiert wurde, habe ich leider nicht herausgefunden, aber das Wichtigste, zumindest fuer die Einwohner war, stockbesoffen zu sein. Nicht wie in Oesterreich, wo eben eine(r) - oder auch mehrere - den Festrausch ausfassen, sondern wirklich beinahe alle waren so betrunken, dass sie nicht mehr stehen konnten.
Am Montag in der Frueh dann gleich der grosse Schock fuer mich: Waehrend ich mit den Becados vor Unterrichtsbeginn arbeitete, kam eine Frau mit einem Kleinkind ins Buero der Fundación. Leider verstand ich nicht, was sie wollte, da sie nur Quechua sprach. Als dann Gladys von ihrem morgendlichen Kontrollgang zurueckkam, wurde klar, wo das Problem lag: Das Baby war schwerkrank und konnte durch seine Verkuehlung beinahe nicht atmen. Gladys, die ja Krankenschwester ist, gab ihr noch eine Antibiotikumspritze, doch eine Viertelstunde spaeter war es tot. Ich war zutiefst betroffen, da ich zuvor noch nie jemanden sterben gesehen habe und ich wusste, wie leicht dieses Kind in Oesterreich zu retten gewesen waere. Aber diese Ueberlegungnen sind sinnlos, denn ich befinde mich in Bolivien, wo es am Land (nahezu) unmoeglich ist, Zugang zu einer aerztlichen Behandlung zu bekommen.
Am Nachmittag wurde Tomaycuri der "Día del Estudiante" gefeiert, da am Freitag (Fruehlingsbeginn) keine Schule gewesen war. Alle Fruehlingsprinzessinen steckten in ihren besten Kleidern, die beste Schuelerin und der beste Schueler wurden geehrt und zum Schluss wurde sogar Walzer getanzt. Fuer mich allerdings enttaeuschend, da nur ein wenig geschunkelt wurde. ;-) Aber seht selber die Fotos!
Am Dienstag dann schon wieder eine Feier in der Schule: "Bautizos" (Taufen) - sind aber nur ein Scherz. Ein als Priester verkleideter Schueler tauft mit einer ekeligen Fluessigkeit SchuelerInnen, die dann in der Schule einen neuen "Spass"-Namen haben. Interessant ist aber, dass nach der Taufe der Taeufling einen Tanz mit "Gut" und "Boese" auffuehrt und sich entscheiden muss, mit wem er/sie den Platz verlaesst und mit wem er/sie seinen Lebensweg gehen moechte.
Am Mittwoch Nachmittag trat ich dann meine Reise nach La Paz an, da am Donnerstag und Freitag keine Schule abgehalten wurde, weil die LehrerInnen am Donnerstag Fortbildung hatten und - klar -, dass dann am Freitag auch frei ist. Um 2 Uhr morgens, nach ueber 13 Stunden Reise (ab 1 Uhr Nachmittag bis 17 Uhr nach Llallagua und von dort ab 18 Uhr nach La Paz) kam ich dann fix und fertig in La Paz an, wo ich mich nur mehr auf ein Bett freute.
Hier im Haus der Schweitzerin konnte ich fuer zwei Tage den Luxus, der in Europa normal ist, geniessen und mich ein wenig erholen. Ausserdem ist in La Paz auch die einzige Moeglichkeit an Geld von meinem oesterreichischen Konto zu kommen, da es nur hier Bankomaten gibt.
Gestern Nachmittag bestaunte ich besten Pressefotos des Jahres 2006 in der "World Press Foto Exhibiton 2007", die sich zur Zeit in La Paz befindet. Erstaunlich, was man mit einer Kamera alles festhalten kann, aber ihr koennt euch unter http://www.worldpressphoto.org ebenfalls die Fotos ansehen!
Am Abend bin ich mit Andreas, dem anderen Volontaer, in ein Konzert einer Band aus La Paz gegangen. War toll einmal als "Gringo" nicht aufzufallen, da die Besucher fast nur Weisse, und damit Oberschicht, waren. Auch die Musik gefiel mir ganz gut und, da man sogar tanzen konnte, war es beinahe wie ein "Fortgehen" in Oesterreich!
Heute Nachmittag werde ich mich wieder in die flota setzen um nach einer sieben-stuendigen Reise eine Nacht in Llallagua zu verbringen. Am Sonntag geht es dann wieder ab nach Tomaycuri.
Liebe Gruesse,
¡hasta pronto!
Andreas
Hier noch der Link zu den neuen Fotos:
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