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Reise von La Paz nach Llallagua |
Am Samstag ging es dann um 5 Uhr frueh los in Richtung Tomaycuri. Eigentlich haetten auch noch 2 Tischler mitfahren soll, aber, wie alles hier in Bolivien, nichts ist fix.
Die Strassen hier sind eine Katastrophe - links der Berg, rechts ein Abhang - aber zum Glueck muss ich nicht selber fahren und Alex, der Chauffeur der Fundación meistert auch die schlimmsten Kurven mit Bravour.
Hier also die Fotos von der Autofahrt:
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Reise von Llallagua nach Tomaycuri |
Um halb neun begann dann Anettes Fortbildung fuer die Lehrer - Thema: Textproduktion. Als die Lehrer selber einen Text schreiben sollen, dauert es Ewigkeiten und das Ergebnis ist recht mager - dies sind also jene Menschen, die den Kindern etwas lehren sollen. Fuer Bolivien ist es aber schon ein grosser Fortschritt, dass es eine Schule gibt.
Danach beziehe ich mein Zimmer: Es ist noch vollgeraeumt und schmutzig - ich bin etwas geschockt - ich habe es mir schon so aehnlich vorgestellt, aber wenn man das alles - die Armut, die Einfachheit, die Frohheit der Leute und mein einfaches Zimmer - ist man schon sehr geruehrt. Das Mittagessen ist ein typisches bolivianisches Landgericht: Zuerst Suppe mit gefriergetrockneten Kartoffeln und ein Stueck Knochen mit etwas Fleisch, danach Reis mit Gemuesesosse. Das alles wird aber nicht bei Tisch eingenommen, sondern auf einer Stange am Boden und nur mit dem Loeffel (Gabel und Messer zum Essen kennt man am Land nicht) - beinahe komme ich mir vor wie ein Huhn!
Am Nachmittag kommt zusaetzlich ein starker Wind auf. Durch die Trockenheit ist der Boden ausgedoerrt und wird vom Wind ueberall dorthin geblasen, wo man ihn nicht benoetigt: in die Augen, ins Zimmer (die Tueren sind ja nur Eisentueren, die nicht dichten), in die Kleidung oder zu den Lebensmitteln.
Obwohl es in der Nacht kalt ist, schlafe ich dann dank meines Daunenschlafsackes gut.
Am Sonntag geht es mir nicht gut: Von Gladys, der Verantwortlichen der Fundación Pueblo hier im Dorf, erfahre ich, dass ich pro Tag nur zweieinhalb Stunden Arbeit habe: Am Morgen vor der Schule eine Stunde und nach der Schule weitere eineinhalb Stunden Apoyo bzw. Pujllana mit den Becados (Apoyo = Hausaufgabenbetreuung, Pujllana = Spielgruppe, Becados = Schueler, die in den Gastfamilien schlafen und von der Fundación betreut werden). Mir macht vor allem die freie Zeit zu schaffen - was werde ich in diesem Jahr die restlichen Stunden am Tag machen? Im Dorf gibt es ja keine Moeglichkeit, sich irgendwie zu beschaeftigen.
Die Loesung ergibt sich aber im Laufe der Woche: Ich habe nun jeden die schon erwaehnten zweieinhalb Stunden in der Fundación zu tun, zusaetzlich habe ich alle Turnstunden der Schule (12 Klassen im Alter von 6 bis 18 Jahren) zu machen, und werde jeden Tag 2 Stunden die Englisch-Lehrerin unterstuetzten. Zum Englisch-Unterricht: Die Englisch-Lehrerin ist eigentlich selbst Englisch-Lernende und kann kein einziges Wort richtig aussprechen - im Unterricht wird prinzipiell nur Spanisch gesprochen und auch die englischen Saetze werden wie im Spanischen artikuliert. Zusatzlich wird nur Wort fuer Wort ein Satz nach dem anderen aus dem Spanischen ins Englische uebersetzt - mit einem Sprachenunterricht in Oestterreich also nicht zu vergleichen. Meine Aufgabe ist es nun, die Fehler der Lehrerin zu korrigieren und die Saetze Englisch auszusprechen - ich weiss, dass mein Englisch nicht das Beste ist, aber hier kann ich nur etwas verbessern! ;-)
Die Leute im Dorf sind alle nett und sind immer sehr ueber meine Groesse erstaunt. Interessant ist aber, welche Vorurteile noch herrschen: Eine aeltere Frau sprach mich an, und bat mich um Geld, damit sie sich ihre Zaehne richten lassen koennte. Ich sagte, dass ich auch keines haette, aber sie erwiderte mir, dass ich ihr ja die Zaehne auf der Stelle reparieren koennte. Ihr zu erklaeren, dass ich trotz meiner weissen Hautfarbe und meiner Groesse kein Arzt sei, dauerte einige Zeit. Also aufgepasst: Nicht jeder Weisse ist Arzt! ;-)
Am Donnerstag ist Anette mit einer Journalistin der deutschen Botschaft ins Dorf gekommen. Einige der Becados haben einen typischen bolivianischen Tanz aufgefuehrt (den Namen habe ich leider vergessen) und auch wir konnten uns vorm Tanzen nicht druecken --> Fotos spaeter!
Ausserdem habe ich endlich meinen Tisch bekommen. Bis jetzt habe ich meine Mahlzeiten - ich koche meist selber - im Bett mit einem Pappkarton als Tischersatz eingenommen. Am Freitag morgens bin ich dann wieder mit Anette, der Journalistin, dem Chauffeur nach Llallagua gefahren. Von dort weg sollten wir mit einem von der Journalistin organisierten Auto nach Oruro und dann weiter mit dem Bus nach La Paz fahren. Doch da auch sie Bolivianerin ist, hiess es auch diesmal: Nichts ist fix und kein Auto wartete auf. Darauf wollte uns Alex, der Chauffeur, nach Oruro fahren, doch nach zirka 20 Minuten Fahrt streikte der Motor. Zum Glueck liess die naechste flota (Ueberlandbus) nicht lange auf sich warten und mit dieser fuhren wir dann nach La Paz, wo wir erst kurz vor Mitternacht ankamen.
Hier kuriere ich nun meinen Magen aus, da mich Montezumas Rache schlussendlich doch erwischt hat. Doch ich bin zuversichtlich, dass bis morgen, wenn ich um 9 Uhr wieder nach Llallagua und am Dienstag dann weiter nach Tomaycuri fahre, alles wieder besser ist. Wuensche euch eine schoene Woche und bis zum naechsten Mal!
Andreas
PS: Hier noch der Link zu den Fotos:
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Tomaycuri |
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