Zu Beginn heute ein kleines Schaetzspiel: Wieviele Personen passen in einen mittelgrossen Nissan Chip mit Kofferraum (der nicht sehr gross ist)? Ihr koennt waehrend ihr diesen Eintrag lest, darueber raetseln!
Am Dienstag fuhren Gladys, die Verantwortliche von Tomaycuri, ihre Tochter und ich von Llallagua mit dem Bus nach Tomaycuri - oder zumindest wollten wir bis dorthin. Ein Dorf vorher - in Macha - war dann Schluss: Der Bus fuhr eine andere Route und wir sassen dort fest. Irgendwie hatten wir aber ins Dorf zu kommen und so warteten wir auf irgendeine "Movilidad", das heisst ein Auto oder ein LKW, der nach Tomaycuri faehrt und uns mitnehmen wuerde. So sassen und standen wir mehr als zweieinhalb Stunden am Marktplatz herum, fragten jeden Fahrer nach seinem Weg und hatten schlussendlich doch Glueck: Ein Chip nahm uns mit! Man erkennt daran, dass Zeit in Bolivien eine andere Bedeutung hat - man wartet ohne zu jammern einen halben Tag auf ein Auto, das vielleicht hier vorbeikommt!
Eines werde ich hier sicher lernen: G E D U L D
Interessant war aber die Busfahrt selbst: Vom Schueler bis zur Marktfrau, von der Bauerin, die ihre Hueherkueken in ihr Dorf karrt, bis zum Oesterreicher, der zu seinem Einsatzort fahrt, war alles vertreten und das noch durchmischt mit dem Gepaeck, das ein jeder kiloweise mitschleppt. Eine, fuer mich als Auslaender, beeindruckende Mischung und vor allem ein exemplarisches Abbild der Bevoelkerung Boliviens auf kleinsten Raum!
Am Mittwoch wusch ich das erste Mal meine Waesche im Dorf, natuerlich mit der Hand! Welch anstrengende Arbeit - ich freue mich schon wieder auf die Waschmaschine!
Am Donnerstag wurden dann meine gesamten Kenntnisse auf die Probe gestellt: Ich uebernahm fuer 2 Tage den Unterricht der Quinto in der Primaria (entspricht bei uns 1. Klasse Hauptschule). Doch es geht ganz gut und ich bin beeindruckt, dass ich mit meinen Spanischkenntnissen sogar Dividieren mit 2-stellingen Zahlen erklaeren kann. Aber es dauert alles viel laenger als bei uns und die Schueler sind viel uneigenstaendiger. Ausserdem ist es fuer mich schwierig zu unterscheiden ob sie zu etwas nur keine Lust haben oder es wirklich nicht koennen. Schwieriger ist der Turnunterricht zu bewaeltigen, da mir die Vokabeln fehlen um ein Fussballspiel wirklich kommentieren zu koennen. Also eine kleine Anregung an die oesterreichischen SpanischlehrerInnen, auch Vokabeln zum Sportunterricht-Geben zu lehren! ;-)
Ab naechster Woche werde ich dann - hoffentlich - einen "fixen" Stundenplan haben: Jeden Tag von halb 8 bis halb 9 morgens unterstuetze ich die SchuelerInnen, die bei der Fundación ein Stipendium habe, bei der Hausaufgabe, falls sie welche haben, was ausserst selten vorkommt. Ausserdem mache ich mit ihnen Uebungen zur Rechtschreibung, Mathematik oder was mir einfaellt. Zur Rechtschreibung: Da die Schueler alle Quechua als Muttersprache haben, ist es fuer sie sehr schwierig, sowohl i und e, als auch o und u zu unterscheiden, da es im Quechua fuer jeweils beide Buchstaben nur ein Zeichen gibt.
Dasselbe ist nocheinmal am Abend von 17 bis 19 Uhr mit einer anderen Gruppe zu machen. In der Zwischenzeit werde ich taeglich zwei Stunden die Englischlehrerin unterstuetzen und Turnstunden geben.
Am Freitag gab es in der Frueh eine kleine Attraktion: SCHNEE! Das kommt im Dorf anscheinend nur zweimal im Jahr vor, obwohl wir uns auf ueber 4000 Metern befinden. Aber innerhalb von zwei Stunden ist wieder alles vorueber und es bleibt nur mehr das ueber, das wir im Muehlviertel so schoen mit Gatsch bezeichnen. Auch dieser weicht innerhalb von weiteren zwei Stunden wieder der trockenen Erde.
In der Frueh hielt ich wieder Unterricht in der Quinto und hatte ein weiteres interessantes Erlebnis: Ich hatte den Schuelern am Donnerstag eine Rechnung als Hausaufgabe gegeben und, wie ich erwartet hatte, konnten nur cirka 5 SchuelerInnen die Rechnung vorweisen. Nichts Aussergewoehnliches, oder? Nur das die anderen mir versprachen am Montag als Ersatz Kartoffeln mitzubringen, ist in Oesterreich nicht so alltaeglich!
Nachdem ich den Unterricht und die zwei Englischstunden absolviert hatte, hiess es wieder warten auf ein Auto, dass uns nach Llallagua bringen koennte. Nach drei Stunden Wartezeit fuhren wir zuerst ein Stueck mit dem Schulbus, der fuer mich viel zu niedrig gebaut ist und ich deswegen meinen Kopf schieflegen musste, und danach mit dem Chip eines Lehrers weiter bis nach Llallagua. Und hier kommt auch die Aufloesung der Schaetzfrage: Nicht die normale Anzahl von 5 Personen fuhr mit, sondern insgesamt 15! Davon ich mit 3 Kindern im Kofferraum. Ich hatte zuvor gar nicht gewusst, wie oft ich mich knicken kann! ;-) Im Endeffekt war es nicht so schlimm und wir kamen gut um halb 10 Uhr abends in Llallagua an, wo ich mich sofort zu meiner Unterkunft aufmacht - dem Haus einer Schweizer Familie, wo gerade eine belgische Volontaerin wohnt. Mit ihr tauschte ich dann noch ein wenig Bolivien-Erfahrungen aus, und das sogar auf Deutsch. Dank Erasmus (Studentenaustauschprogramm der EU) hat sie ein halbes Jahr in Wien an der BOKU studiert.
Heute in der Frueh goennte ich mir endlich wieder einmal den Luxus einer warmen Dusche - unter der Woche gibt es ja nur Waschen mit vorher erhitzten Wasser (den Luxus von Warmwasser goenne ich mir!) aus einer kleinen Schuessel. Aber es funktioniert und man ueberlebt! ;-)
Bevor ich morgen um ein Uhr wieder meine dreieinhalb-stuendige Reise nach Tomaycuri antrete, werde ich mich noch mit viel Obst und Gemuese (gibt es am Land fast nicht) und sonstigen Luxussachen (Butter, Marmelade, Honig, usw.) eindecken!
Wuensche euch eine schoene Woche, geniesst Oesterreich und bis zum naechsten Mal,
Andreas
Samstag, 8. September 2007
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1 Kommentar:
hallo andreas!
wenn man deinen einträgen so glaubt, dann scheint es dir ja garnicht so schlecht zu gehn dort drüben! aber dich mir als lehrer vorzustellen fällt mir trotzdem nicht so leicht!
bei uns gibt es nicht viel erwähnenswertes, außer dass johnny, pez, ka und ich von gestern auf heute endlich die erste nacht im studentenheim verbracht haben, von wo ich dir auch schreibe. ist ganz schön hier und wir freun uns auch alle schon aufs studium!
ich bin leider im moment ein bisschen im stress, deswegen bleibt diese nachricht auch so kurz! weiterhin viel spaß, und vergiss nie: zapata vive, la lucha sigue!
muchos besos,
tu francisco
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