Letzten Sonntag fuhren wir dann wieder mit dem Lehrer ins Dorf - zum Glueck hatte ich dieses Mal einen "normalen" Platz und musste nicht in den Kofferraum. Trotzdem war das Auto natuerlich wieder mehr als ueberladen und mittlerweile weiss ich auch, dass der Platz zwischen Fahrer und Beifahrer, d.h. auf dem Ganghebel, immer zu besetzen ist. In diesem Fall war es der Direktor der Primaria von Tomaycuri, der diesen Luxusplatz innehatte. Die Fahrt war ganz angenehm, nur dass ich am Abend Rueckenschmerzen hatte, da die Autos einfach nicht fuer meine Groesse gebaut sind. Zusatzlich ist mir ein weiteres Mal aufgefallen, dass der "Schutzabstand", den man in Oestterreich normalerweise gegenueber unbekannten Personen einnimmt, hier viel geringer ist. Aber auch kein Wunder, bei dieser Anzahl von Personen in diesem Auto!
Kurz vor Tomaycuri befindet sich Macha, wo letzten Sonntag gerade "Fería" (Messe) war. Ungefaehr wie ein Kirtag bei uns - nur um vieles lauter und bunter. Dort sah ich auch zum ersten Mal echtes Zuckerrohr. Um meine Neugierde zu befriedigen, kaufte ich mir gleich eine ganze 2-Meter-Stange um 0.7 Euro. Mit einer riesigen Machete wird einem die Stange auf handliche Stuecke gekuerzt. Am Abend musste ich dann feststellen, dass es ein harte Arbeit ist, bis man endlich Zugang zum suessen Mark hat. Beinahe haette es Tote gegeben, so geplagt habe ich mich beim Schaelen. Aber die Belohnung ist herrlich - schmeckt wie Vollrohrohrzucker, nur nicht ganz so suess. Der Rest vom Mark wird, nachdem man ihn zerkaut hat, einfach ausgespuckt und von den Schweinen eingesammelt, die diesen "Abfall" ein weiteres Mal kauen und auch wieder ausspucken. Da sagt noch jemand, Schweine seien keine Feinschmecker! Kleine Anmerkung: Am naechsten Tag zeigte mir Gladys, meine "Chefin", wie man die ganze Prozedur ohne Tote hinter sich bringt! ;-)
Am Dienstag war ich dann krank - ein wenig Durchfall und Erbrechen. Nichts Schlimmes, aber von Gladys, die Hilfskrankenschwester ist, haette ich alle moeglichen Tabletten, angefangen gegen Schmerzen bis zu Antibiotikum, bekommen. Ich lehnte dankend ab, da man nicht mit Kanonen auf Fliegen schiesst, aber man sieht, dass am Land einfach geschluckt wird, was gerade verfuegbar ist.
Am Abend brachte sie mir dann noch eine Medizin, die von einer Anfitriona (Gastmutter der Schueler) fuer mich zubereitet worden war: eine ganz duenne Suppe aus Getreide - schmeckte ganz gut und half auch - zumindest war ich am naechsten Morgen genesen.
Mittwoch Nachmittag war dann ein Fest fuer Gesandte der belgischen Botschaft. Diese Leute sind fuer Tomaycuri auch darum so wichtig, da sie im naechsten Jahr ein Hospital, eine Escuela del Campo (glaube, aehnlich einer Berufsschule) und einen Schlachthof fuer Lamas finanzieren werden. Einige Taenze und Musikstuecke wurden in den traditionellen Trachten aufgefuehrt - fuer mich einige interessante Stunden mit vielen Fotos. Ich hoffe fuer euch, dass ich sie bald ins Internet stellen kann. :-)
Uebrigens zu den Fotos: Alle, vor allem die Kinder und Jugendlichen, wollen auf ein Foto. Wenn ich mit der Kamera anruecke, kann ich mich von zukuenftigen Models gar nicht retten! ;-)
Am Donnerstag konnte ich bereits am Nachmittag in Richtung Llallgua aufbrechen, da die Lehrer am Freitag Fussball spielten, und darum kein Unterricht stattfand. Bolivien ist anders, aber, liebe LehrerInnnen in Oesterreich, ihr koennt ja mal eure(n) DirektorIn fragen, ob ihr naechsten Freitag auch frei bekommt! ;-)
Die Reise war dann wieder ein Abenteuer: Zuerst - wie immer - W A R T E N . Um 5 Uhr hatten wir die Hoffnung beinahe aufgegeben, dass wir noch am Donnerstag eine Fahrgelegenheit bekommen wuerden, aber dann kam doch ein Bus vorbei. Wir hatten Riesenglueck, denn dieser Bus fuhr zwar nur bis Macha, aber dort wartete noch die flota (Ueberlandbus) nach Pocoata. Dort wollten wir uns schon ein Schlafgelegenheit suchen, als noch ein Minibus Richtung Llallagua vorbeikam. Dieser war so ueberladen, dass ich meine Fuesse beim Kinn hatte - aber ich hatte zumindest einen Platz im Inneren ergattert, da auch zwei Maenner auf dem Dachtraeger beim Gepaeck mitfuhren. Leider hatte der Fahrer den Motor seines Gefaehrts ein wenig ueberschaetzt und so mussten bei jeder groesseren Steigung mindestens fuenf Personen aussteigen, die Steigung zu Fuss bezwingen und sich danach wieder in den Kleinbus schlichten.
Aber mit nach ueber viereinhalb Stunden kam ich hungrig, durstig und muede in Llallagua an, wo ich wieder im Haus der Schweizerin schlafe. Und ich hatte ein weiteres Mal Glueck: Eine deutsche Praktikantin war gerade aus La Paz angekommen und hatte Vollkornbrot mitgebracht. Eine Wohltat fuer meinen Geschmackssinn, der diese Weissmehlpampe schon nicht mehr schmecken kann! Das naechste Mal werde ich mir Saecke voller Brot von dieser Baeckerei, die ein deutscher Priester mit Strassenkindern fuehrt, mitnehmen!
Am Freitag Abend machten wir, das heisst Veerle, die Belgierin, die deutsche Volontaerin und ich, uns es so richtig gemuetlich: Quinoaauflauf, Rotwein, gute Musik und eine Zeitschrift - was will man mehr! Trotzdem gehen mir viele oesterreichische Sachen ab - auch nach einem Aufenthalt von 1 Monat und einem Tag hier. Vor allem geht ihr mir ab - ihr OesterreicherInnnen!
Liebe Gruesse,
Andreas
PS: Hier der Link zu den Fotos der letzten zwei Wochen:
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1 Monat Bolivien |
2 Kommentare:
dere pornero!
mucho interesante was du so alles schreibst! aber eins würd mich schon auch noch interessieren - wie stehts dort drüben mit guapas bolivianerinnen/anderen ausländischen chicas in deinem alter? hay algunas?
bei uns is alles wie immer, mr. juelg kommt übermorgen aus australien heim, bald gehts ans studieren und du fehlst mir mit jedem tag mehr! gerade auch deswegen hoffe ich, dass ich auch mal ein mail von dir bekomme, wo ich doch beinahe TÄGLICH voller sorge um dich dein blog verfolge!
pass weiterhin auf dich auf, bleib brav und vergiss niemals den tag, an dem du mit deinem 10-seiten-skript in die schule gekommen bist - ich werde ihn nämlich auch nicht vergessen!
muchissimos besos,
tu francisco
¡Hola!
Kannst mir ja auch Mal eine Mail schreiben, denn so private Fragen, beantworte ich nicht oeffentlich! ;-)
Liebe Gruesse,
ich werde meinen Ehrentag nie vergessen,
Andreas
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