¡Hola!
Nachdem ich aus meinem Weihnachtsurlaub in Chile und Peru wieder heil nach La Paz zurueckgekommen bin, hier einige Eindruecke und die neuesten Fotos:
Am 23. Dezember ging es fruehmorgens los von 3600 Metern auf 0 Meter - von La Paz, Bolivien, bis an den pazifischen Ozean nach Arica, Chile. Eine landschaftlich beeindruckende Fahrt zuerst durch das Altiplano (Hochebene), danach durch die Wueste bis man das Meer und damit Arica erreicht. Die mehr als 10-Stunden-lange Busfahrt verbrachten wir vor allem damit, die Landschaft zu bestaunen und zu schlafen. Das anstrengendste dabei war die Einreise nach Chile, da wir zuerst mehr als eineinhalb Stunden am Grenzuebergang warten mussten und danach wurde sogar jedes einzelne Gepaeckstueck durch einen Roentgenapparat geschickt. Durch diese Massnahme versucht Chile die Einfuhr jeglicher Lebensmittel, vor allem Obst, zu unterbinden, da sie Angst vor Schaedlingen, die die boomende Obstindustrie schaedigen koennten, haben. Endlich in Arica angekommen, fuehrte der erste Weg zu einem Bankomaten um zu Geld zu kommen - und das ist wirklich noetig in Chile, da die Preise fuer suedamerikanische Verhaeltnisse sehr hoch sind. Ich hatte grosse Probleme mit der Waehrung zu Recht zu kommen, da die Einheiten riesig sind. Ein Abendessen kann dann leicht 5000 Chilenische Pesos kosten, was zirka sieben Euro entspricht.
Der Hl. Abend verlief dann sehr ruhig - da wir am Nachmittag am Strand etwas zu viel in der Sonne gebraten hatten, waren wir schon sehr bald muede. Weihnachten ist - gefuehlsmaessig - heuer vom Kalender gestrichen worden; dafuer freue ich mich bereits um so mehr auf naechstes Jahr!
Der 25. war ein richtiger Nichts-Tu-Tag - ich hatte Bauchprobleme, meine beiden Reisekollegen einen Sonnenbrand, das sie richtig Angst vor der Sonne hatten und so lagen wir den Grossteil des Tages im Bett herum und sahen eine sinnlose Fernsehsendung um die andere. Am Nachmittag waren wir aber hellwach, als die Fensterscheiben zu klirren begannen und wir zuerst nicht wussten was es sei. Im Endeffekt war es ein leichtes Erdbeben und der Spuk war nach einer beaengstigenden halben Minute wieder vorbei.
Da in Chile das Leben teuer ist und wir genug von Arica hatten, fuhren wir am 26. Dezember in Richtung Peru, nach Tacna. Nach einer Stunde Fahrt auf der Panamericana (Infos: http://de.wikipedia.org/wiki/Panamericana)
durch die Wueste, gelangten wir nach Tacna, von wo aus wir, nachdem wir die Stadt besichtigt hatten, nach "Boca del Río", einer Kleinstadt an der Kueste fuhren. In diesem verschlafenen Staedtchen verbrachten wir unsere Zeit bis zum 29. Dezember - schliefen lange, spazierten am Strand entlang, speisten alle guten Sachen, die das Meer bereithaelt - kurzum: Wir genossen die Zeit!
Am 29. Dezember ging es von Tacna aus wieder in Richtung La Paz. Zuerst aber noch nach Desaguadero, dem Grenzort zwischen Bolivien und Peru. Nachdem ich, wieder einmal, eine Drogenkontrolle der peruanischen Polizei hinter mich gebracht hatte, begann der "Kampf" um das bolivianische Visum. Normalerweise bekommt man 30 Tage Touristenvisum, doch sollten EU-Buerger eigentlich 90 Tage bekommen. Interssant ist, dass wir zu dritt ueber die Grenze fuhren - einer bekam 90 Tage, einer 60 Tage und ich Ungluecksrabe nur 30 Tage. Das heisst entweder wieder auf die Migración (Einwanderungsbehoerde), wo sie mir hoffentlich das Visum auf 90 Tage verlaengern oder ich werde bereits nach einem Monat wieder ausreisen muessen um die Prozedur erneut zu beginnen.
In einigen Stunden werde ich dann hier in La Paz mit Freunden ins Neue Jahr rutschen und hoffen, dass es nur das Beste bringen wird. Dasselbe wuensche ich natuerlich auch euch: Viel Gesundheit, Zufriedenheit und Glueck im Neuen Jahr!
Ich hoffe, ihr verzeiht mir, dass ich beim E-Mail-Beantworten zur Zeit ziemlich im Rueckstand bin. Ich freue mich aber ueber jede und es kommt bestimmt auf jede einzelne Mail eine Antwort!
Liebe Gruesse aus La Paz,
Andreas
PS: Die neuen Fotos gibt es dann im Laufe der Woche!
Montag, 31. Dezember 2007
Samstag, 22. Dezember 2007
¡Feliz Navidad!
¡Hola a todos!
Nachdem ich die letzte Woche fuer das Jahr 2007 im Campo gut verbracht habe, befinde ich mich jetzt seit mittlerweile einer Woche in La Paz. Aber zuerst zu den Neuigkeiten der letzten zwei Wochen:
Am Sonntag, 9. Dez., ging es wieder einmal nach Tomaycuri um die letzte Woche fuer 07 dort zu arbeiten. Am Montag gab es dann eine grosse Praesentation der einstudierten Kunststuecke des Turn- und Musikunterrichts. Die Kinder gaben sich grosse Muehe und es war fuer das gesamte Dorf eine schoene Vorstellung. Am Nachmittag konnte man durch die verschiedenen Klassenraeume bummeln, die Arbeiten der SchuelerInnen bestaunen oder die, von den Kindern mitgebrachten, Speisen probieren. Gladys, meine "Chefin", und ich hatten fuer jeden Lehrer eine Weihnachtskarte vorbereitet und uebergaben ihnen bei der Gelegenheit diese. Sie hatten grosse Freude, vor allem auch, dass ich sie auf Deutsch und Englisch beglueckwuenschte. Am Abend wurde ich noch zu einem Fest eingeladen - wegen meiner Neugierde musste ich hingehen und bekam auch gleich eine Tasse Chicha in die Hand gedrueckt. Gut, aber - leider - wurde ich auch zum Essen eingeladen und bekam eine Handvoll kaltes Fleisch und gekochte Bohnen. Diese konnte ich ja essen, aber beim Fleisch drehte es mir schon beim Ansehen beinahe den Magen um. Normalerweise kein so grosses Problem; man steckt das Fleisch in eine Plastiktuete, die man immer dabei hat, und nachher kann es sein, dass dich ein Hund darum anbettelt. (Hoffentlich liest das keiner aus Tomaycuri! ;-)) Aber erstens hatte ich dummerweise kein Plastiksackerl mit und zweitens sassen mindestens fuenf Frauen um mich herum und kontrollierten was ich ass. Soweit so gut: Mit Mueh´und Not ass ich ein paar kleine Stuecke Fleisch und die gesamten Bohnen. Danach entschuldigte ich mich hoeflich, dass ich schon zu Abend gegessen hatte und verpackte dann das Fleisch feinsaeuberlich in ein Papiertaschentuch. Beim Fest wollte natuerlich jeder mit mir reden, manche waren aber schon so betrunken, dass sie kaum ein Wort sagen konnten. Nachdem mich alle auf Chicha einladen wollten und ich nach einer Tasse bereits den Alkohol im Kopf spuerte, verabschiedete ich mich schon nach relativ kurzer Zeit ins Bett. Am Dienstag wurde das Theater der SchuelerInnen der Sekundaria aufgefuehrt - drei "kurze Stuecke" - dauerten ewig und es war unmoeglich der Handlung zu folgen, da die Akustik, v.a. durch den Wind, extrem schlecht war und auch die Aussprache nicht immer die Beste ist.
Am Mittwoch war dann die allererste "Promoción", also Maturafeier, die sie jemals in Tomaycuri hatten. Es war ein schoenes und gut vorbereitetes Fest und erinnerte mich wehmuetig an meine eigene Maturafeier ein halbes Jahr zuvor. Wenn ich allerdings vergleiche, wie viel wir in Oesterreich gelernt hatten und dass hier manche der Maturanten nicht einmal fluessig lesen, vom schreiben gar nicht zu sprechen, stimmt mich das traurig, aber auch gluecklich darueber, welche grosse Chance ich, und wir alle in Oesterreich, mit unserer Ausbildung haben. Am Nachmittag, nach einigen Copas Bier und - wie immer - Chicha, packte ich meine Sachen fuer meinen Aufenthalt in La Paz. Hoffe, dass ich in diesem Zustand keine wichtigen Sachen im Dorf gelassen habe! ;-)
Am Donnerstag morgen warteten wir bereits ab 6 Uhr frueh auf eine Fahrgelegenheit. Um halb 9 Uhr ging es dann endlich auf einem KLein-LKW in Richtung Macha - WARTEN - LKW nach Pocoata - WARTEN - KLeinbus nach LLallagua. Dort packte ich die restlichen Sachen ein und eilte zum Bus in Richtung La Paz, wo ich dann um halb 2 Uhr morgens fix und fertig ankam und ins Bett fiel.
Ab Freitag letzter Woche arbeitete ich jeden Tag im Buero der Fundación Pueblo, wo ich vor allem Spielbretter fuer ein Buch ueber Spiele fuer den Unterricht, das Florence, ebenfalls Schweizerin, geschrieben hat, bearbeitete. Am Samstag waren wir zu einem Fest, anlaesslich des 2ten Platzes im Wettbewerb der CEPAL (siehe aelteren Eintrag!), bei dem Gruender der Fundación Pueblo, Guenther Schulz-Heiss, eingeladen. Es war ein tolles Fest mit - endlich - gutem Essen und ich tanzte dort meine erste Cueca, ein "Verfuehrungstanz", bei dem ein Taschentuch nie fehlen darf. Weitere Infos, auch ueber andere bolivianische Taenze: LINK
Am Montag dieser Woche war ich das erste Mal im oesterreichischen Konsulat: Ich wollte eigentlich Material ueber Oesterreich fuer den Unterricht mitnehmen, aber es gab nichts. Allerdings bekam ich eine Ruege vom Konsul, der uebrigens aus Gmunden kommt, da ich mich noch nicht registriert hatte. Weiters bat ich um eine Einschaetzung der derzeitigen politischen Lage Boliviens und er meinte, dass man fuer naechstes Jahr auch groessere Zusammenstoesse zwischen Regierungsanhaengern und Opposition erwarten kann. Aber hoffen wir das Beste!
Am Mittwoch ging es dann wieder einmal auf zum Frisoer und es wurde unerwarteterweise zu einem Erlebnis. Da ich zum Haare-Schneiden meine Brille abnehmen muss, sah ich wenig, was die Frisoerin an mir herumschnipselte. Allerdings war ich, als ich die Brille wieder aufsetzte, sprachlos. SCHRECKLICH - Seitenscheitel, alle Haare auf eine Seite gekaemmt, die Stirnfransen schief geschnitten. Zuerst zerstoerte ich durch einen gekonnten Griff meine Frisur und meinte dann, sie solle jetzt einmal alles gerade schneiden. Gut, schlussendlich war ich mit dem Ergebnis so halbwegs zufrieden, allerdings wollte sie 25 Bolivianos (2,5 Euro) dafuer. Normalerweise bezahle ich 10 Bol., wenn ich von hier waere, wuerde es nur 5 Bol kosten. Nach laengerem Verhandeln war sie dann mit 15 Bol. zufrieden und ich eine Erfahrung reicher. Sag´ dem Frisoer immer genau, was du willst! ;-)
Auch im Buero hatten wir eine kleine Weihnachtsfeier mit Tee und sogar ein paar Keksen, die allerdings ein Deutscher mitgebracht hatte. Als Geschenk bekamen wir einen Panetón, einen Kuchen, der hier in der Weihnachtszeit sehr populaer ist, geschenkt. Beim ersten Blick meint man es sei ein Gugelhupf, aber der Geschmack ist kein Vergleich! (Liebe Gruesse an Oma - ich freue mich schon wieder auf deinen Original-Oma-Gugelhupf mit ganz, ganz vielen Rosinen!!!)
Zur Zeit ist die politische Situation in Bolivien etwas angespannt - vor zwei Wochen wurde die neue Verfassung im Parlament verabschiedet, allerdings hatte dabei die Opposition keinen Zutritt. Diese soll jetzt noch durch ein Referendum vom Volk bestaetigt werden. Aber gibt es noch immer viele Streitpunkte - Sucre, die konstitutionelle Hauptstadt, moechte auch den Regierungssitz, der sich zur Zeit in La Paz befindet. Weiters reichte am Tag der Verabschiedung der "ofiziellen" Verfassung, Santa Cruz, ein departamento ("Bundesland"), eine eigene Verfassung ein, erklaerte sich als unabhaengig und moechte jetzt sogar Zollgrenzen mitten in Bolivien einrichten. Auch einige weitere departamentos, vor allem im Tiefland, moechten noch autonom werden. Die Konfrontation fusst vor allem auf den Gegensatz reiches Tiefland mit den riesigen Agrargebieten, Erdgas- und Oelvorkommen, usw. gegen armes Hochland, wo aber der Grossteil der Bevoelkerung lebt. In der neuen Verfassung waere jetzt eine allgemeine Rente fuer alle Leute ab 60 Jahren, Verbesserungen im Bildungsbereich, ... festgeschrieben, was mit den Einnahmen der Erdgasexporte finanziert werden sollte. Die Tieflaender sagen jetzt aber, das sei ihr Geld und sie wollen keine weiteren Zahlungen mehr an das arme Altiplano (Hochland) leisten. Gestern sah ich zum ersten Mal eine Demonstration - eine Friedensbewegung brachte ihre Meinung zum Ausdruck und wurde, unbegruendeterweise, von Regierungsanhaenger angegriffen. Zum Glueck kam es aber zu keinen heftigen Auseinandersetzungen; allerdings sieht man, wie hoch zur Zeit die Gewaltbereitschaft ist. Zum Glueck kommen jetzt die Weihnachtsfeiertage und die Leute sind - hoffentlich - mit dem Feiern beschaeftigt. Im neuen Jahr wird man sehen, wie sich die Lage entwickelt.
Auch ich werde mich morgen zum Feiern in Richtung Arica, Chile, verabschieden und dort die Weihnachtsfeiertage mit Freunden am pazifischen Strand verbringen.
Ich wuensche euch ein ¡Feliz Navidad y un Próspero Año Nuevo!. Feiert schoen, esst fuer mich ein paar Weihnachtskekse mit und trinkt einen Punsch auf mich!
Liebe Gruesse,
bis bald,
Andreas
Nachdem ich die letzte Woche fuer das Jahr 2007 im Campo gut verbracht habe, befinde ich mich jetzt seit mittlerweile einer Woche in La Paz. Aber zuerst zu den Neuigkeiten der letzten zwei Wochen:
Am Sonntag, 9. Dez., ging es wieder einmal nach Tomaycuri um die letzte Woche fuer 07 dort zu arbeiten. Am Montag gab es dann eine grosse Praesentation der einstudierten Kunststuecke des Turn- und Musikunterrichts. Die Kinder gaben sich grosse Muehe und es war fuer das gesamte Dorf eine schoene Vorstellung. Am Nachmittag konnte man durch die verschiedenen Klassenraeume bummeln, die Arbeiten der SchuelerInnen bestaunen oder die, von den Kindern mitgebrachten, Speisen probieren. Gladys, meine "Chefin", und ich hatten fuer jeden Lehrer eine Weihnachtskarte vorbereitet und uebergaben ihnen bei der Gelegenheit diese. Sie hatten grosse Freude, vor allem auch, dass ich sie auf Deutsch und Englisch beglueckwuenschte. Am Abend wurde ich noch zu einem Fest eingeladen - wegen meiner Neugierde musste ich hingehen und bekam auch gleich eine Tasse Chicha in die Hand gedrueckt. Gut, aber - leider - wurde ich auch zum Essen eingeladen und bekam eine Handvoll kaltes Fleisch und gekochte Bohnen. Diese konnte ich ja essen, aber beim Fleisch drehte es mir schon beim Ansehen beinahe den Magen um. Normalerweise kein so grosses Problem; man steckt das Fleisch in eine Plastiktuete, die man immer dabei hat, und nachher kann es sein, dass dich ein Hund darum anbettelt. (Hoffentlich liest das keiner aus Tomaycuri! ;-)) Aber erstens hatte ich dummerweise kein Plastiksackerl mit und zweitens sassen mindestens fuenf Frauen um mich herum und kontrollierten was ich ass. Soweit so gut: Mit Mueh´und Not ass ich ein paar kleine Stuecke Fleisch und die gesamten Bohnen. Danach entschuldigte ich mich hoeflich, dass ich schon zu Abend gegessen hatte und verpackte dann das Fleisch feinsaeuberlich in ein Papiertaschentuch. Beim Fest wollte natuerlich jeder mit mir reden, manche waren aber schon so betrunken, dass sie kaum ein Wort sagen konnten. Nachdem mich alle auf Chicha einladen wollten und ich nach einer Tasse bereits den Alkohol im Kopf spuerte, verabschiedete ich mich schon nach relativ kurzer Zeit ins Bett. Am Dienstag wurde das Theater der SchuelerInnen der Sekundaria aufgefuehrt - drei "kurze Stuecke" - dauerten ewig und es war unmoeglich der Handlung zu folgen, da die Akustik, v.a. durch den Wind, extrem schlecht war und auch die Aussprache nicht immer die Beste ist.
Am Mittwoch war dann die allererste "Promoción", also Maturafeier, die sie jemals in Tomaycuri hatten. Es war ein schoenes und gut vorbereitetes Fest und erinnerte mich wehmuetig an meine eigene Maturafeier ein halbes Jahr zuvor. Wenn ich allerdings vergleiche, wie viel wir in Oesterreich gelernt hatten und dass hier manche der Maturanten nicht einmal fluessig lesen, vom schreiben gar nicht zu sprechen, stimmt mich das traurig, aber auch gluecklich darueber, welche grosse Chance ich, und wir alle in Oesterreich, mit unserer Ausbildung haben. Am Nachmittag, nach einigen Copas Bier und - wie immer - Chicha, packte ich meine Sachen fuer meinen Aufenthalt in La Paz. Hoffe, dass ich in diesem Zustand keine wichtigen Sachen im Dorf gelassen habe! ;-)
Am Donnerstag morgen warteten wir bereits ab 6 Uhr frueh auf eine Fahrgelegenheit. Um halb 9 Uhr ging es dann endlich auf einem KLein-LKW in Richtung Macha - WARTEN - LKW nach Pocoata - WARTEN - KLeinbus nach LLallagua. Dort packte ich die restlichen Sachen ein und eilte zum Bus in Richtung La Paz, wo ich dann um halb 2 Uhr morgens fix und fertig ankam und ins Bett fiel.
Ab Freitag letzter Woche arbeitete ich jeden Tag im Buero der Fundación Pueblo, wo ich vor allem Spielbretter fuer ein Buch ueber Spiele fuer den Unterricht, das Florence, ebenfalls Schweizerin, geschrieben hat, bearbeitete. Am Samstag waren wir zu einem Fest, anlaesslich des 2ten Platzes im Wettbewerb der CEPAL (siehe aelteren Eintrag!), bei dem Gruender der Fundación Pueblo, Guenther Schulz-Heiss, eingeladen. Es war ein tolles Fest mit - endlich - gutem Essen und ich tanzte dort meine erste Cueca, ein "Verfuehrungstanz", bei dem ein Taschentuch nie fehlen darf. Weitere Infos, auch ueber andere bolivianische Taenze: LINK
Am Montag dieser Woche war ich das erste Mal im oesterreichischen Konsulat: Ich wollte eigentlich Material ueber Oesterreich fuer den Unterricht mitnehmen, aber es gab nichts. Allerdings bekam ich eine Ruege vom Konsul, der uebrigens aus Gmunden kommt, da ich mich noch nicht registriert hatte. Weiters bat ich um eine Einschaetzung der derzeitigen politischen Lage Boliviens und er meinte, dass man fuer naechstes Jahr auch groessere Zusammenstoesse zwischen Regierungsanhaengern und Opposition erwarten kann. Aber hoffen wir das Beste!
Am Mittwoch ging es dann wieder einmal auf zum Frisoer und es wurde unerwarteterweise zu einem Erlebnis. Da ich zum Haare-Schneiden meine Brille abnehmen muss, sah ich wenig, was die Frisoerin an mir herumschnipselte. Allerdings war ich, als ich die Brille wieder aufsetzte, sprachlos. SCHRECKLICH - Seitenscheitel, alle Haare auf eine Seite gekaemmt, die Stirnfransen schief geschnitten. Zuerst zerstoerte ich durch einen gekonnten Griff meine Frisur und meinte dann, sie solle jetzt einmal alles gerade schneiden. Gut, schlussendlich war ich mit dem Ergebnis so halbwegs zufrieden, allerdings wollte sie 25 Bolivianos (2,5 Euro) dafuer. Normalerweise bezahle ich 10 Bol., wenn ich von hier waere, wuerde es nur 5 Bol kosten. Nach laengerem Verhandeln war sie dann mit 15 Bol. zufrieden und ich eine Erfahrung reicher. Sag´ dem Frisoer immer genau, was du willst! ;-)
Auch im Buero hatten wir eine kleine Weihnachtsfeier mit Tee und sogar ein paar Keksen, die allerdings ein Deutscher mitgebracht hatte. Als Geschenk bekamen wir einen Panetón, einen Kuchen, der hier in der Weihnachtszeit sehr populaer ist, geschenkt. Beim ersten Blick meint man es sei ein Gugelhupf, aber der Geschmack ist kein Vergleich! (Liebe Gruesse an Oma - ich freue mich schon wieder auf deinen Original-Oma-Gugelhupf mit ganz, ganz vielen Rosinen!!!)
Zur Zeit ist die politische Situation in Bolivien etwas angespannt - vor zwei Wochen wurde die neue Verfassung im Parlament verabschiedet, allerdings hatte dabei die Opposition keinen Zutritt. Diese soll jetzt noch durch ein Referendum vom Volk bestaetigt werden. Aber gibt es noch immer viele Streitpunkte - Sucre, die konstitutionelle Hauptstadt, moechte auch den Regierungssitz, der sich zur Zeit in La Paz befindet. Weiters reichte am Tag der Verabschiedung der "ofiziellen" Verfassung, Santa Cruz, ein departamento ("Bundesland"), eine eigene Verfassung ein, erklaerte sich als unabhaengig und moechte jetzt sogar Zollgrenzen mitten in Bolivien einrichten. Auch einige weitere departamentos, vor allem im Tiefland, moechten noch autonom werden. Die Konfrontation fusst vor allem auf den Gegensatz reiches Tiefland mit den riesigen Agrargebieten, Erdgas- und Oelvorkommen, usw. gegen armes Hochland, wo aber der Grossteil der Bevoelkerung lebt. In der neuen Verfassung waere jetzt eine allgemeine Rente fuer alle Leute ab 60 Jahren, Verbesserungen im Bildungsbereich, ... festgeschrieben, was mit den Einnahmen der Erdgasexporte finanziert werden sollte. Die Tieflaender sagen jetzt aber, das sei ihr Geld und sie wollen keine weiteren Zahlungen mehr an das arme Altiplano (Hochland) leisten. Gestern sah ich zum ersten Mal eine Demonstration - eine Friedensbewegung brachte ihre Meinung zum Ausdruck und wurde, unbegruendeterweise, von Regierungsanhaenger angegriffen. Zum Glueck kam es aber zu keinen heftigen Auseinandersetzungen; allerdings sieht man, wie hoch zur Zeit die Gewaltbereitschaft ist. Zum Glueck kommen jetzt die Weihnachtsfeiertage und die Leute sind - hoffentlich - mit dem Feiern beschaeftigt. Im neuen Jahr wird man sehen, wie sich die Lage entwickelt.
Auch ich werde mich morgen zum Feiern in Richtung Arica, Chile, verabschieden und dort die Weihnachtsfeiertage mit Freunden am pazifischen Strand verbringen.
Ich wuensche euch ein ¡Feliz Navidad y un Próspero Año Nuevo!. Feiert schoen, esst fuer mich ein paar Weihnachtskekse mit und trinkt einen Punsch auf mich!
Liebe Gruesse,
bis bald,
Andreas
Samstag, 8. Dezember 2007
Fundación Pueblo gewinnt 2. Platz im Wettbewerb der CEPAL
Herzliche Gratulation an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fundación Pueblo! Unter mehr als 900 Projekten aus ganz Süd-, Mittelamerika und Karibik wurden zwölf Projekte ausgewählt, die sich in Brasilien präsentieren durften. Gestern wurde die Entscheidung gefällt und die Fundación ist vorne dabei.
Mehr Informationen:
Schlüsselinfo (Informationen über den Wettbewerb, deutsch)
Presseinformation der CEPAL (Ergebnis, spanisch)
Fundación Pueblo (Website meiner Organisation, deutsch, spanisch)
Mehr Informationen:
Schlüsselinfo (Informationen über den Wettbewerb, deutsch)
Presseinformation der CEPAL (Ergebnis, spanisch)
Fundación Pueblo (Website meiner Organisation, deutsch, spanisch)
4 Monate Bolivien - ein Drittel bereits geschafft!
¡Hola a la gente en Austria!
Leider war ich die letzten zwei Wochen faul und konnte mich nicht überwinden, einen Bericht zu schreiben - aber die neuesten Neuigkeiten der letzten drei Wochen:
Als wir am Dienstag, 20. November, mit dem Lehrer ins Dorf fuhren war ich geschockt: Der Sohn des Lehrers, der gleichzeitig auch ein Becado bei uns im Dorf ist, soll liquichado sein. Da zum Haus des Lehrers keiner Zutritt hat, muss es während der Zeit im Dorf bei der "Gastmutter" passiert sein - SCHOCK! Wir haben im Dorf die Fettabsauger! ;-) Zum Arzt oder ins Krankenhaus kann man allerdings mit dieser "Krankheit" nicht gehen, da es dort nur schlimmer gemacht wird. Also wurde ein Wunderheiler befragt, der auch eindeutig die Diagnose stellte: Liquichado - also isst der arme Junge seither nur Suppe von schwarzen (!) Hähnen und Spezialeiern - natürlich eine schweineteure Diät, da die schwarzen Hähne selten sind und dementsprechend teuer. Aber dank dieser Spezialbehandlung ist der Junge am gesunden! Zusatzproblem: Da ja nur die Gastmutter den Schlüssel zum Zimmer hat, muss sie oder ihr Mann es gewesen sein oder sie muss wissen, wer dem armen Jungen das Fett abgesaugt hat. Anscheinend will der Lehrer die Gastmutter nun verklagen! Für mich scheinen die Symptome wie eine normale Magen-Darm-Grippe: Erbrechen und Kopfweh - aber wer weiss: Vielleicht glaube ich nach einem Jahr Aufenthalt hier auch an diese Dinge! :-)
Am Donnerstag jener Woche klopfte es am späten Nachmittag an meiner Tür und während ich noch "Sí" sagte, stand schon ein Mann Mitte 40 bei mir im Zimmer und fragte, ob er sich setzen dürfte. Klar - ich bin doch ein freundlicher Mensch! Doch wieder einmal hatte man mich mit einem Arzt verwechselt, denn er meinte, ich solle ihm doch die Krankengeschichte seines verstorbenen Vaters erklären und er legte mir einen Haufen Kopien der Krankenhausakte auf dem Tisch. Wie soll ich bitte irgendetwas erklären können, wenn 1) es in der Klaue eines Arztes geschrieben ist und 2) das noch auf Spanisch. Ich musste ihn also ungetaner Arbeit wieder wegschicken, aber er kann es, so meine ich, heute noch nicht glauben, dass ich kein Arzt bin.
Am Freitag jener Woche kam dann die Englischlehrerin einfach nicht zum Unterricht - war aber halb so schlimm, denn oft leite ich den Unterricht auch alleine, wenn sie anwessend ist. Anscheinend (oder ziemlich sicher) soll sie am Vortag den Geburtstag eines Kollegen gefeiert haben und das scheint ihr nicht wohlbekommen zu sein. Doch diese Geburtstagsfeier hatte noch weitere Auswirkungen auf meine "Pläne" (wenn man hier zu irgendetwas Plan sagen kann ;-)). Der Lehrer, mit dem wir eigentlich am Abend nach Llallagua gefahren wären, war ebenfalls noch nicht fahrtauglich und so musste ich eben noch bis Samstag Morgen warten. Am Freitag Abend kamen dann dieser Lehrer und seine Frau, ein anderer Lehrer und Gladys, meine "Chefin", auf mein Zimmer, plauderten mit mir und tranken Tee. Doch das Interessantestes war der Gesichtsausdruck, als ich den Lehrern mein Yogur Natural (Yoghurt ohne Fruchtgeschmack und ohne Zucker) kosten liess - warum hat man in solchen Momenten die Kamera nicht bei der Hand! ;-)
Der Lehrer meinte dann, wir fahren morgen (also Samstag) um halb fuenf Uhr morgens weg - also wartete ich ab 4:15 Uhr auf die Abfahrt. Nach zwei Stunden, also um 6 Uhr, starteten wir dann die Reise nach Llallagua. Mittlerweile weiss ich auch die Kilometeranzahl: 115 Kilometer von Llallagua nach Tomaycuri - dauert hier allerdings zwischen fünf und sechs Stunden!
Am Samstag Abend traffen wir, dh. Andreas und ich, noch zwei Touristen in Llallagua - ein Attraktion! Mit ihnen gingen wir dann noch ein Bier trinken und plauderten über ihre Reise. Er ist Ire und sie Französin und reisen seit mittlerweile fast einem Jahr in der Weltgeschichte herum. Da er nur wenig Spanisch sprach, fand unsere Unterhaltung auf Englisch statt - das einzige Problem ist nur, das mir am Anfang immer wieder spanische Begriffe reinrutschten, aber nach einer halben Stunde Unterhaltung (und einem Bier) ging es dann schon wieder recht flüssig.
Wieder im Dorf angekommen, kam am Montag die E-Lehrerin wieder einmal nicht zum Unterricht - hatte eine Besprechung mit dem Direktor. Mit dem Ergebnis dieser Besprechung bin allerdings auch ich sehr zufrieden: Sie wird auch nächstes Jahr in Tomaycuri bleiben, was ich super finde, da ich mich mit ihr gut verstehe, allerdings finde ich den Grund ein wenig komisch: Der Direktor möchte nicht, dass eine Englischlehrerin mit Ausbildung an seine Schule kommt, weil ja dann die SchülerInnen endlich einmal etwas lernen müssten. Aus diesem Grund darf ich auch die Tests nicht bewerten, da bei mir die Noten um einiges schlechter ausfallen würden - aber dank der Nachsicht der "Englisch-"Lehrerin sind heuer alle in Englisch durch.
Auch die "Miete" für mein Luxuszimmer in Tomaycuri habe ich bezahlt: die Hälfte der Stromkosten - macht für 4 Monate 5.2 Euro. So billig werde ich nie wieder wohnen können! :-)
Noch einige Anmerkungen zum Wetter: Zur Zeit regnet es im Dorf jeden Tag. Meistens ist es so, dass am Vormittag herrlicher Sonnenschein ist und am Nachmittag ein Gewitter UND mehrere kurze Regenschauer vorbeikommen. Für diese Jahreszeit ist das hier normal, da wir uns am Beginn des Sommers, also der Regenzeit, befinden. Pluspunkt: weniger Staub; Minuspunkt: Matsch, Matsch, Matsch
Am Freitag vorletzter Woche bekamen die SchülerInnen in die Tomaycuri ihren "Bono Juancito Pinto". Das heisst: Jede(r) SchülerIn von der ersten bis zur sechsten Klasse, der die Schulstufe abgeschlossen hat, bekommt 200 Bol (ca. 20 Euro) in die Hand damit er - hoffentlich - die nächste Klasse besucht. 200 Bol sind am Land relativ viel - so beläuft sich der Beitrag der Eltern für ein Jahr als Becado im Programm der Fundación Pueblo auf ca. 130 Bol - der Rest wird von der Bezirksverwaltung und von der Fundación Pueblo bezahlt.
Letztes Wochenende war leider das letzte mit Andreas in Llallagua - er wird nach der Arbeit in La Paz nicht mehr ins Campo zurückgehen. Das musste natürlich anständig gefeiert werden - zuerst Charquekan essen (getrocknetes und dann gebratenes Fleisch, Mais, zwei Eier und Kartoffeln) und dann noch Bier trinken gegangen. Interessant fand ich, dass hier die Bars zum Grossteil bereits um halb 12 abends zu-(!)sperren.
Am Sonntag wollten wir dann mit der 10-Uhr-Flota ins Dorf fahren - nur leider war diese, die normalerweise erst um 11 fährt, an jenem Tag bereits um 9:30 Uhr abgefahren. Ob wir die Buskosten (immerhin 15 Bol = 1.5 Euro) wieder zurückbekommmen ist eine andere Frage, aber wir haben zumindest reklamiert). Wir fuhren dann am Nachmittag mit einem Lehrer nach Tomaycuri. Dabei kamen wir zu einem Autounfall - ein Geländewagen war auf gerader Strecke in den Graben gerutscht und umgekippt - warum wohl? Natürlich war der Fahrer betrunken, was hier meist die einzige Unfallursache ist! Mit drei Seilen wurde das Auto wieder auf seine vier Räder gestellt. Pech fuer mich - genau das Seil, an dem ich zog, riss ab und der Besitzer meinte, der Gringo (wer sonst!) soll es bezahlen. Momentan war ich so wütend, dass ich ihm am liebsten alle Schimpfwörter, die ich mittlerweile auf Spanisch kann, an den Kopf geworfen hätte - ich schwieg aber nur und drehte mich um und dachte mir - Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Im Dorf endet nächsten Dienstag dieses Schuljahr und so war die letzte Woche von Prüfungs-"Stress" geprägt. Aus diesem Grund lernte ich mit den Becados aus ihren Heften - das einzige Problem ist, dass, wenn sie einen, vom Lehrer mit Antworten diktierten, Fragenkatalog haben, es bei fünf Becados sieben verschiedene Antworten in den Heften gibt. Also war der Grossteil der Arbeit die Fragen und Antworten zu syncronisieren und dann noch ein wenig zu lernen. Zusätzliches Problem: Ich stelle eine Frage - keiner weiss die Antwort - ich erkläre die Antwort und stelle die gleiche Frage nochmal - SCHWEIGEN!!! Oft ist es dann ein wenig ermüdend und nervenauftreibend!
Fortsetzungsgeschichte "Meine Zimmermaus": In dieser Woche habe ich endlich Nahrung fuer mein Zimmermäuschen gefunden, die sie sogar von der Mausefalle runterfrisst: Schinkenwurst. Jeden Morgen bekommt sie wieder ein Stückchen auf die Mausefalle und über Nacht frisst sie brav ihre tägliche Ration. Allerdings will sie sich nicht fangen lassen. Trotzdem habe ich schon eine "Beute" gefangen. Am Donnerstag kam Najaira, die Tocher meiner Encargada, in mein Zimmer und fragte was das (Mausefalle) sei. Ich schrie nur "NO", aber es war schon zu spät und sie präsentierte mir die Mausefalle an ihrem Finger baumelnd. Doch dank einem Plaster und ein wenig Creme war der Schmerz schnell wieder vergessen.
Diese Woche fuhren wir bereits am Donnerstag nach Llallagua, da Gladys noch ihren Bericht für November schreiben und ich den 4-Monatsbericht für Österreich fertigstellen musste. Allerdings war die Reise wieder einmal mehr als spannend: Bis Pocoata ging alles gut - ausser, dass eine Frau im Bus einen Kanister voller Speiseöl umgeleert hatte und darum alle durch den Bus rutschten und dass wir natürlich wie immer Ewigkeiten auf eine Fahrgelegenheit warteten. Zuerst schien es so, dass wir in Pocoata übernachten müssten, allerdings kamen dann noch andere Fahrgäste und wir überredeten einen Fahrer eines Kleinbuses uns doch noch nach Llallagua zu fahren. Zirka eine Stunde vor Llallagua war dann Schluss - Batterie leer. Der Fahrer meinte nur: Bis hierher und nicht weiter! Zum Glück kam aber ein Auto, dass uns die Batterie zum Starten lieh und wir konnten weiterfahren. Allerdings mussten wir Strom sparen und konnten deswegen das Licht nicht anmachen. Halb so schlimm, denkt sich der Bolivianer, und fährt mit dem Licht zweier Taschenlampen!
Um halb 12 Uhr abends stand ich dann vor der versperrten Tür des Hauses in dem sich mein Zimmer befindet. Die Tür war leider nicht nur versperrt sondern zusätzlich noch fünffach verriegelt - also war mit dem Schlüssel nichts zu machen. Allerdings öffnete auch nach Klingeln, an-die-Tür-Hämmern, Schreien, Steine-ans-Fenster-Werfen, ... keiner. Sogar die Nachbarin kam mir zur Hilfe und schrie sich die Seele aus dem Leib. Nach einer halben Stunde öffnete sich ein Fenster und das verschlafene Gesicht meiner Vermieterin kam zum Vorschein. "Ach, habe ich gut geschlafen. Ich habe gar nichts gehört!" Gut, aber immerhin konnte ich in meinem Zimmer schlafen!
Gestern arbeitete ich im Büro hier in Llallagua und stellte meinen 4-Monatsbericht für das österreichische Innenministerium fertig. Wer Interesse hat, kann sich den Bericht unter diesem Link downloaden: http://docs.google.com/Doc?id=df3gxjpd_9rsw6mff4
Für mich heisst es morgen das letze Mal für 2007 ins Dorf zu fahren - am Donnerstag werde ich hoffentlich rechtzeitig in Llallagua ankommen um gleich noch nach La Paz weiterzureisen, wo ich dann für zwei Monate wohnen und arbeiten werde. Freue mich schon auf täglichen Internetzugang und wirklich warmer Dusche - ausserdem kennt man in der Grossstadt einen Gringo und man fühlt sich als Weisser nicht immer wie eine Zirkusattraktion.
Wünsche euch das Beste für die kommende Woche!
Liebe Grüsse,
Andreas
Leider war ich die letzten zwei Wochen faul und konnte mich nicht überwinden, einen Bericht zu schreiben - aber die neuesten Neuigkeiten der letzten drei Wochen:
Als wir am Dienstag, 20. November, mit dem Lehrer ins Dorf fuhren war ich geschockt: Der Sohn des Lehrers, der gleichzeitig auch ein Becado bei uns im Dorf ist, soll liquichado sein. Da zum Haus des Lehrers keiner Zutritt hat, muss es während der Zeit im Dorf bei der "Gastmutter" passiert sein - SCHOCK! Wir haben im Dorf die Fettabsauger! ;-) Zum Arzt oder ins Krankenhaus kann man allerdings mit dieser "Krankheit" nicht gehen, da es dort nur schlimmer gemacht wird. Also wurde ein Wunderheiler befragt, der auch eindeutig die Diagnose stellte: Liquichado - also isst der arme Junge seither nur Suppe von schwarzen (!) Hähnen und Spezialeiern - natürlich eine schweineteure Diät, da die schwarzen Hähne selten sind und dementsprechend teuer. Aber dank dieser Spezialbehandlung ist der Junge am gesunden! Zusatzproblem: Da ja nur die Gastmutter den Schlüssel zum Zimmer hat, muss sie oder ihr Mann es gewesen sein oder sie muss wissen, wer dem armen Jungen das Fett abgesaugt hat. Anscheinend will der Lehrer die Gastmutter nun verklagen! Für mich scheinen die Symptome wie eine normale Magen-Darm-Grippe: Erbrechen und Kopfweh - aber wer weiss: Vielleicht glaube ich nach einem Jahr Aufenthalt hier auch an diese Dinge! :-)
Am Donnerstag jener Woche klopfte es am späten Nachmittag an meiner Tür und während ich noch "Sí" sagte, stand schon ein Mann Mitte 40 bei mir im Zimmer und fragte, ob er sich setzen dürfte. Klar - ich bin doch ein freundlicher Mensch! Doch wieder einmal hatte man mich mit einem Arzt verwechselt, denn er meinte, ich solle ihm doch die Krankengeschichte seines verstorbenen Vaters erklären und er legte mir einen Haufen Kopien der Krankenhausakte auf dem Tisch. Wie soll ich bitte irgendetwas erklären können, wenn 1) es in der Klaue eines Arztes geschrieben ist und 2) das noch auf Spanisch. Ich musste ihn also ungetaner Arbeit wieder wegschicken, aber er kann es, so meine ich, heute noch nicht glauben, dass ich kein Arzt bin.
Am Freitag jener Woche kam dann die Englischlehrerin einfach nicht zum Unterricht - war aber halb so schlimm, denn oft leite ich den Unterricht auch alleine, wenn sie anwessend ist. Anscheinend (oder ziemlich sicher) soll sie am Vortag den Geburtstag eines Kollegen gefeiert haben und das scheint ihr nicht wohlbekommen zu sein. Doch diese Geburtstagsfeier hatte noch weitere Auswirkungen auf meine "Pläne" (wenn man hier zu irgendetwas Plan sagen kann ;-)). Der Lehrer, mit dem wir eigentlich am Abend nach Llallagua gefahren wären, war ebenfalls noch nicht fahrtauglich und so musste ich eben noch bis Samstag Morgen warten. Am Freitag Abend kamen dann dieser Lehrer und seine Frau, ein anderer Lehrer und Gladys, meine "Chefin", auf mein Zimmer, plauderten mit mir und tranken Tee. Doch das Interessantestes war der Gesichtsausdruck, als ich den Lehrern mein Yogur Natural (Yoghurt ohne Fruchtgeschmack und ohne Zucker) kosten liess - warum hat man in solchen Momenten die Kamera nicht bei der Hand! ;-)
Der Lehrer meinte dann, wir fahren morgen (also Samstag) um halb fuenf Uhr morgens weg - also wartete ich ab 4:15 Uhr auf die Abfahrt. Nach zwei Stunden, also um 6 Uhr, starteten wir dann die Reise nach Llallagua. Mittlerweile weiss ich auch die Kilometeranzahl: 115 Kilometer von Llallagua nach Tomaycuri - dauert hier allerdings zwischen fünf und sechs Stunden!
Am Samstag Abend traffen wir, dh. Andreas und ich, noch zwei Touristen in Llallagua - ein Attraktion! Mit ihnen gingen wir dann noch ein Bier trinken und plauderten über ihre Reise. Er ist Ire und sie Französin und reisen seit mittlerweile fast einem Jahr in der Weltgeschichte herum. Da er nur wenig Spanisch sprach, fand unsere Unterhaltung auf Englisch statt - das einzige Problem ist nur, das mir am Anfang immer wieder spanische Begriffe reinrutschten, aber nach einer halben Stunde Unterhaltung (und einem Bier) ging es dann schon wieder recht flüssig.
Wieder im Dorf angekommen, kam am Montag die E-Lehrerin wieder einmal nicht zum Unterricht - hatte eine Besprechung mit dem Direktor. Mit dem Ergebnis dieser Besprechung bin allerdings auch ich sehr zufrieden: Sie wird auch nächstes Jahr in Tomaycuri bleiben, was ich super finde, da ich mich mit ihr gut verstehe, allerdings finde ich den Grund ein wenig komisch: Der Direktor möchte nicht, dass eine Englischlehrerin mit Ausbildung an seine Schule kommt, weil ja dann die SchülerInnen endlich einmal etwas lernen müssten. Aus diesem Grund darf ich auch die Tests nicht bewerten, da bei mir die Noten um einiges schlechter ausfallen würden - aber dank der Nachsicht der "Englisch-"Lehrerin sind heuer alle in Englisch durch.
Auch die "Miete" für mein Luxuszimmer in Tomaycuri habe ich bezahlt: die Hälfte der Stromkosten - macht für 4 Monate 5.2 Euro. So billig werde ich nie wieder wohnen können! :-)
Noch einige Anmerkungen zum Wetter: Zur Zeit regnet es im Dorf jeden Tag. Meistens ist es so, dass am Vormittag herrlicher Sonnenschein ist und am Nachmittag ein Gewitter UND mehrere kurze Regenschauer vorbeikommen. Für diese Jahreszeit ist das hier normal, da wir uns am Beginn des Sommers, also der Regenzeit, befinden. Pluspunkt: weniger Staub; Minuspunkt: Matsch, Matsch, Matsch
Am Freitag vorletzter Woche bekamen die SchülerInnen in die Tomaycuri ihren "Bono Juancito Pinto". Das heisst: Jede(r) SchülerIn von der ersten bis zur sechsten Klasse, der die Schulstufe abgeschlossen hat, bekommt 200 Bol (ca. 20 Euro) in die Hand damit er - hoffentlich - die nächste Klasse besucht. 200 Bol sind am Land relativ viel - so beläuft sich der Beitrag der Eltern für ein Jahr als Becado im Programm der Fundación Pueblo auf ca. 130 Bol - der Rest wird von der Bezirksverwaltung und von der Fundación Pueblo bezahlt.
Letztes Wochenende war leider das letzte mit Andreas in Llallagua - er wird nach der Arbeit in La Paz nicht mehr ins Campo zurückgehen. Das musste natürlich anständig gefeiert werden - zuerst Charquekan essen (getrocknetes und dann gebratenes Fleisch, Mais, zwei Eier und Kartoffeln) und dann noch Bier trinken gegangen. Interessant fand ich, dass hier die Bars zum Grossteil bereits um halb 12 abends zu-(!)sperren.
Am Sonntag wollten wir dann mit der 10-Uhr-Flota ins Dorf fahren - nur leider war diese, die normalerweise erst um 11 fährt, an jenem Tag bereits um 9:30 Uhr abgefahren. Ob wir die Buskosten (immerhin 15 Bol = 1.5 Euro) wieder zurückbekommmen ist eine andere Frage, aber wir haben zumindest reklamiert). Wir fuhren dann am Nachmittag mit einem Lehrer nach Tomaycuri. Dabei kamen wir zu einem Autounfall - ein Geländewagen war auf gerader Strecke in den Graben gerutscht und umgekippt - warum wohl? Natürlich war der Fahrer betrunken, was hier meist die einzige Unfallursache ist! Mit drei Seilen wurde das Auto wieder auf seine vier Räder gestellt. Pech fuer mich - genau das Seil, an dem ich zog, riss ab und der Besitzer meinte, der Gringo (wer sonst!) soll es bezahlen. Momentan war ich so wütend, dass ich ihm am liebsten alle Schimpfwörter, die ich mittlerweile auf Spanisch kann, an den Kopf geworfen hätte - ich schwieg aber nur und drehte mich um und dachte mir - Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Im Dorf endet nächsten Dienstag dieses Schuljahr und so war die letzte Woche von Prüfungs-"Stress" geprägt. Aus diesem Grund lernte ich mit den Becados aus ihren Heften - das einzige Problem ist, dass, wenn sie einen, vom Lehrer mit Antworten diktierten, Fragenkatalog haben, es bei fünf Becados sieben verschiedene Antworten in den Heften gibt. Also war der Grossteil der Arbeit die Fragen und Antworten zu syncronisieren und dann noch ein wenig zu lernen. Zusätzliches Problem: Ich stelle eine Frage - keiner weiss die Antwort - ich erkläre die Antwort und stelle die gleiche Frage nochmal - SCHWEIGEN!!! Oft ist es dann ein wenig ermüdend und nervenauftreibend!
Fortsetzungsgeschichte "Meine Zimmermaus": In dieser Woche habe ich endlich Nahrung fuer mein Zimmermäuschen gefunden, die sie sogar von der Mausefalle runterfrisst: Schinkenwurst. Jeden Morgen bekommt sie wieder ein Stückchen auf die Mausefalle und über Nacht frisst sie brav ihre tägliche Ration. Allerdings will sie sich nicht fangen lassen. Trotzdem habe ich schon eine "Beute" gefangen. Am Donnerstag kam Najaira, die Tocher meiner Encargada, in mein Zimmer und fragte was das (Mausefalle) sei. Ich schrie nur "NO", aber es war schon zu spät und sie präsentierte mir die Mausefalle an ihrem Finger baumelnd. Doch dank einem Plaster und ein wenig Creme war der Schmerz schnell wieder vergessen.
Diese Woche fuhren wir bereits am Donnerstag nach Llallagua, da Gladys noch ihren Bericht für November schreiben und ich den 4-Monatsbericht für Österreich fertigstellen musste. Allerdings war die Reise wieder einmal mehr als spannend: Bis Pocoata ging alles gut - ausser, dass eine Frau im Bus einen Kanister voller Speiseöl umgeleert hatte und darum alle durch den Bus rutschten und dass wir natürlich wie immer Ewigkeiten auf eine Fahrgelegenheit warteten. Zuerst schien es so, dass wir in Pocoata übernachten müssten, allerdings kamen dann noch andere Fahrgäste und wir überredeten einen Fahrer eines Kleinbuses uns doch noch nach Llallagua zu fahren. Zirka eine Stunde vor Llallagua war dann Schluss - Batterie leer. Der Fahrer meinte nur: Bis hierher und nicht weiter! Zum Glück kam aber ein Auto, dass uns die Batterie zum Starten lieh und wir konnten weiterfahren. Allerdings mussten wir Strom sparen und konnten deswegen das Licht nicht anmachen. Halb so schlimm, denkt sich der Bolivianer, und fährt mit dem Licht zweier Taschenlampen!
Um halb 12 Uhr abends stand ich dann vor der versperrten Tür des Hauses in dem sich mein Zimmer befindet. Die Tür war leider nicht nur versperrt sondern zusätzlich noch fünffach verriegelt - also war mit dem Schlüssel nichts zu machen. Allerdings öffnete auch nach Klingeln, an-die-Tür-Hämmern, Schreien, Steine-ans-Fenster-Werfen, ... keiner. Sogar die Nachbarin kam mir zur Hilfe und schrie sich die Seele aus dem Leib. Nach einer halben Stunde öffnete sich ein Fenster und das verschlafene Gesicht meiner Vermieterin kam zum Vorschein. "Ach, habe ich gut geschlafen. Ich habe gar nichts gehört!" Gut, aber immerhin konnte ich in meinem Zimmer schlafen!
Gestern arbeitete ich im Büro hier in Llallagua und stellte meinen 4-Monatsbericht für das österreichische Innenministerium fertig. Wer Interesse hat, kann sich den Bericht unter diesem Link downloaden: http://docs.google.com/Doc?id=df3gxjpd_9rsw6mff4
Für mich heisst es morgen das letze Mal für 2007 ins Dorf zu fahren - am Donnerstag werde ich hoffentlich rechtzeitig in Llallagua ankommen um gleich noch nach La Paz weiterzureisen, wo ich dann für zwei Monate wohnen und arbeiten werde. Freue mich schon auf täglichen Internetzugang und wirklich warmer Dusche - ausserdem kennt man in der Grossstadt einen Gringo und man fühlt sich als Weisser nicht immer wie eine Zirkusattraktion.
Wünsche euch das Beste für die kommende Woche!
Liebe Grüsse,
Andreas
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