Samstag, 22. September 2007

4 Wochen Tomaycuri

¡Hola!
Der woechentliche Lagebericht folgt sogleich:
Letzten Sonntag bin ich mit einem Bus nach Tomaycuri gefahren - ist, fuer Bolivien, komfortabel und kostet fuer uns Europaer fast nichts: fuer 4.5 Stunden Fahrt gerade einmal 2 Euro.
In Macha - eine Stunde vor Tomaycuri - hatte ich ein interessantes Erlebnis: Ich kaufte mir um 1.5 Bolivianos Mandarinen und wollte mit einem 20er-Schein bezahlen. Leider ueberforderte ich damit die Rechenkuenste der Marktfrau und wir hatten eine Diskussion, unterbrochen von Beschimpfungen, dass mit dem Gringos nie etwas passt, ob jetzt noch ein Boliviano fehlt oder doch nicht. Obwohl mir dieser Boliviano nicht wirklich abgegangen waere, habe ich schlussendlich - dank meines ueberzeugendem Spanisch ;-) - gewonnen!
Seit 2 Wochen bereite ich mein Trinkwasser schon mit SODIS zu. Bei dieser Methode wird das Wasser in weissen PET-Flaschen auf das Wellblechdach in die Sonne gelegt. Nach 6 Stunden Sonnenschein sollte alles Schaedliche durch die UV-Strahlen abgetoetet sein. Wer mehr Infos moechte: http://www.sodis.ch/German/index_neug.html Und es funktioniert, denn ich habe keine Probleme mit meinen Magen!
Seit dieser Woche kann ich auch Radio hoeren: Ich bin draufgekommen, dass im Campo alle Programme auf AM (und nicht wie in Oesterreich mit FM) gesendet werden und ich die AM-Antenne nicht angesteckt hatte! Interessant ist nur, dass sich die Empfangsqualitaet der verschiedenen Sender im Laufe des Tages erheblich aendert. Beim Fruestuck kann ich sogar die Ein-Uhr-Nachrichten eines deutschen Senders hoeren, zum Mittagessen empfange ich dann BBC-World-Service und am Abend gibt es dann einen Lokalsender im Angebot. So bekomme ich zumindest ein wenig von der grossen, weiten Welt mit! Ohne Radio wuerde ich wahrscheinlich nicht einmal wissen, wenn es in Bolivien einen Golpe de Estado (Regierungsputsch) gaebe! ;-)
Meine Arbeit mit den Becados schreitet auch gut voran - mittlerweile kann ich auch gut einschaetzen, wieviel ich ihnen zumuten kann und vorallem weiss ich nun, was sie wirlich nicht koennen und was sie nur nicht machen wollen. Die Englischlehrerin unterstuetze ich auch taeglich zwei Stunden. Ausserdem habe ich auch meine ehemalige Englischlehrin und meinen Klassenvorstand um Unterstuetzung in Form von oesterreichischen Englischbuechern gefragt. Und es sieht gut aus!
Am Dienstag kam dann Annette, die Schweizerin, mit einer Kommission nach Tomaycuri. Fundación Pueblo nimmt an einem Wettbewerb ueber paedagogische Verbesserungen in Lateinamerika teil und ist mit ihrem Programm "Hospedaje Estudantil en Familias" (Schueler"internat" in Familien) von 500 Projekten in ganz Suedamerika unter die ersten 20 gekommen. Diese 20 Projekte werden nun noch naeher begutachtet und schlussendlich bekommen die besten fuenf Projekte Geldpreise. Die Kommission bestand aus einer Argentinierin und einer Chilenin und, obwohl sie so schnell und fuer mich auch undeutlich sprachen, verstand ich mich ganz gut mit ihnen und sie waren richtig begeistert von dem Programm. Ich wuensche der Fundación alles Gute und toi, toi, toi, damit sie unter die besten fuenf kommen! Wer sich jetzt naeher mit meiner Organisation, der Fundación Pueblo (Dorfstiftung), befassen moechte, hier noch einmal die Internetadresse: www.fundacionpueblo.org (auch auf Deutsch!)
Zu Abend gegessen habe ich an diesem Tag ein typisches Gericht von hier: Charque de Llama - getrocknetes Llama-Fleisch mit Kartoffeln, Mais und einem gekochten Ei. Echt lecker!
Am Mittwoch raeumte ich endlich meinen Kleiderschrank und baute mir aus einer Steinplatte und Ziegeln noch eine Ablage fuer meine Kochutensilien. Langsam wird es "mein" Zimmer!
Mittagessen war ich im Comedor ("Ausspeisung") der Becados und das war leider ein Fehler: Es gab eine Gemuesesuppe mit Reis (ganz lecker!), aber leider mit Riesenmengen an Chuño, der gefriergetrockneten Kartoffel (hier ein Link zu einem kurzen Artikel darueber: http://bolivien.kilu2.de/lk_chunoTunta.htm), und diese hat fuer mich einfach keinen Geschmack. Kleine Mengen kann ich runterwuergen, aber diesmal blieb trotzdem etwas Schweinefutter uebrig!
Am Donnerstag konnte ich schon wieder nach Llallagua aufbrechen, da ein weiteres Mal am Freitag keine Schule war, weil sich einmal im Monat die LehrerInnen hier ihren Gehalt in der Stadt abholen.
Freitag war dann auch in Llallagua ein interessanter Tag: Erstens war 21.Oktober und somit hier Fruehlingsbeginn. Gefeiert wird er als "Día del Estudiante" (Tag des Schulers) oder als "Día del Amor y de las Enamorados" (Tag der Liebe und der Verliebten). In allen Schulen gibt es Paraden, es werden Fruehlingsprinzessinnen gekuert, die besten SchuelerInnen geehrt und man schenkt seiner/m Liebsten Kleinigkeiten - also fast wie der Valentinstag bei uns. In Tomaycuri wird der "Día del Estudiante" dann einfach am Montag gefeiert, da ja am Freitag keine Schule war. Bin schon gespannt, da die Vorbereitungen schon die gesamte letzte Woche liefen!
Und zweitens war ich das erste Mal auf einem bolivianischen Begraebnis. Aehnlich wie bei uns - der Friedhof ist nur aber sehr verwuchert -, nur das man beim Hinausgehen Chicha (Maisbier - Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Chicha_%28Getr%C3%A4nk%29)
) bekommt. Schmeckt gar nicht so schlecht - ich hoffe nur, dass heutzutage der Mais nicht mehr von jemand anderen zuerst gekaut wird! Der erste und letzte Schluck des Getraenks ist aber immer fuer die Pachamama, der wichtigsten Goettin hier, und wird einfach auf den boden geleert. Auch bei langen Autofahrt bekommt die Pachamama an bestimmten Stellen Alkohol geopfert - und leider trinkt oft der Chauffeur den Rest!
Ab naechster Woche habe ich auch in Llallagua ein eigenes Zimmer gemietet - kann es nach einer Schweizer Entwicklungshelferin beziehen, die nun ihren bolivianischen Mann heiratet und zu ihm ziehen wird. Fuer 15 Euro im Monat werden dann der andere Andreas - ebenfalls Volontaer bei der Fundación Pueblo, allerdings nur fuer funf Monate - am Wochenende in diesem Raum hausen. Allerdings haben wir dort warme Dusche, und das ist das Wichtigste nach einer Woche im Campo!
Liebe Gruesse,
bis in einer Woche!
Andreas

2 Kommentare:

karind hat gesagt…

Hallo Andreas!

Na wies aussieht gehts dir eh ganz gut! Hört sich auf jeden Fall alles sehr interessant und spannend an!

Wünsch dir auch im Namen aller Musikanten natürlich weiterhin alles Gute! Bleib gesund und pass gut auf dich auf! (und auf die Frauen aufpassen --> ANDI ;-)

lg Karin

Andreas Horner hat gesagt…

Hallo Karin!

Stimmt, dass es hier interessant ist, aber oft auch anstrengend.
Wuensche euch alles Gute bei den Vorbereitungen fuer das Musical, vor allem bei den Proben viel Ausdauer!
Liebe Gruesse an alle Musikanten!
Andreas