Donnerstag, 10. Juli 2008

Ein Leben im Luxus

¡Hola!

Seit bereits zwei Wochen befinde ich mich in La Paz und genieße den Luxus dieses Großstadtlebens. So aß ich, um nur ein Beispiel zu nennen, gerade zum Abendessen ein Laugenweckerl vom deutschen Bäcker mit richtiger Extrawurst vom deutschen Fleischhauer, Essiggurkerln und gutem Käse - ein bisschen Heimat so weit weg von Zuhause. Auch die warmen Duschen, oder dass keiner komisch guckt, wenn du sogar zwei Päckchen Butter kaufst, die am Land ein Luxusgut ist, usw. sind Gründe, warum es mir manchmal hier wie im Paradies vorkommt. Viele Leute in Bolivien können sich so ein Leben, das ich gerade führe und das in Europa für viele Menschen Standard ist, nicht einmal vorstellen, da es so weit weg ihrer Realität ist.
Nun aber zu den Ereignissen der letzten Wochen:
In der Nacht zum 24. Juni feierte ich, noch in Llallagua, San Juan (Hl. Johannes) und damit die kälteste und längste Nacht des Jahres. Um sich ein wenig aufzuwärmen, zünden viele Menschen ein kleines Feuer vor ihren Häusern an und es wird gefeiert und - ihr habt es wahrscheinlich bereits erraten - viel getrunken. Auf jeden Fall war es auch für mich eine lange Nacht und die Sonne guckte bereits ueber den Berg, als ich unter die Decke schlüpfte. Das wäre jetzt natürlich alles schön und gut, wenn ich nicht an jenem Tag nach La Paz hätte aufbrechen müssen. Die Fahrt war dann aber doch weniger schlimm als zuerst befürchtet.
Meine Ankunft in La Paz kam mir beinahe vor wie Weihnachten mit Kinderaugen: soviele Autos, Geschäfte, Lichter, Leute, ... - aber mittlerweile habe ich mich schon wieder an die Zivilisation gewöhnt. :-)
Hier bin ich, netterweise, wieder im Haus des Gründers der Fundación Pueblo untergebracht und fühle mich, gut geschützt von den Wachleuten des La Paz'er Bürgermeisters, der im Haus direkt daneben wohnt, recht wohl. Vielen Dank an Günther und seiner Familie für diese Gastfreundschaft!
Seit dem 25. Juni arbeite ich im Büro der Fundadción Pueblo hier in La Paz, wo ich meinen letzten Bericht über meine Tätigkeiten hier für den österreichischen Staat schrieb und die Homepage (www.fundacionpueblo.org) überarbeitete. (Leider sind aber die Neuheiten noch nicht online - sie ist aber trotzdem einen Besuch wert!)
Zur Zeit befindet sich eine Reisegruppe der "Freunde Boliviens", ein deutscher Verein, der die Arbeit der Fundación Pueblo schon jahrelang unterstützt, in La Paz. Ich begleitete sie einige Tage bei ihren Ausflügen und fand mich schon bald als Dolmetscher wieder, da nur wenige von ihnen Spanisch können. Weiters erzählte ich ihnen von meiner Arbeit im Norden von Potosí und meinen Erfahrungen dort. Durch ihre, teils auch sehr kritischen Fragen, kam ein sehr interessantes Gespräch zu Stande, das auch mir half, einige Dinge noch einmal zu reflektieren. Vielen Dank bei euch für die netten Bekanntschaften und die vielen Essenseinladungen, die mir zuteil wurden.
Letzten Samstag ging es mit dem Mountainbike von La Paz die "World Most Dangerous Road" (weltweit gefährlichste Strasse) nach Coroico hinunter. Zum Glück ist aber diese Straße, die teils nur 3.2 Meter breit ist, mittlerweile beinahe verkehrsfrei, da im letzten Jahr am gegenüberliegenden Berghang eine neue Strasse eröffnet wurde. Eine Wahnsinnsabfahrt von über 4000 Metern auf 2000 in den Nebelwald (Yungas: http://de.wikipedia.org/wiki/Yungas)nach Coroico. Leider war die Fahrt für mich schon etwas früher zu Ende, da ich auf einer schnurgeraden Strecke einen Sturz hatte. Zum Glück ist aber, außer einigen Prellungen, nichts Schlimmeres passiert. Wäre der Sturz nicht gewesen, wäre es ein wunderschöner Tag gewesen, aber trotzdem genoss ich das Essen im warmen Klima unter Palmen, wo die Papageien herumflogen.
Da aber mein Ellbogen nicht besser wurde, beschloss ich am Montag doch noch ins Krankenhaus zum Roentgen zu gehen und rief am Morgen dort an, ob ich am Nachmittag kommen könnte. Mir wurde mitgeteilt, es sei überhaupt kein Problem und ich solle doch vorbeisehen. Als ich allerdings ankam, empfing mich zwar noch ein Arzt, der aber nur meinte, er sei der letzte Arzt der sich noch um die übriggebliebenen Patienten kümmere. Behandeln könne er mich allerdings nicht mehr, da die Klinik bereits verkauft sei und die Röntgengeräte nicht mehr im Haus seien. Was sich seit meinem Anruf alles verändert hatte! Also ging es mit dem Taxi weiter in eine andere Klinik, die noch nicht verkauft war. Ich wurde dort sofort bedient - zwar angenehm für mich, da keine Wartezeit, aber trotzdem ein ungutes Gefühl, einfach, an mindestens zwanzig wartenden Personen vorbei, direkt in den Behandlungsraum durchgewinkt zu werden. Und das nur, weil man weiß ist und damit angenommen wird, dass ich gut bezahle - insgesamt mit zwei Röntgenbildern weniger als 50 Euro. Die gute Nachricht ist, dass nichts gebrochen ist: Der Arzt meinte, ich müsste noch einmal fallen, um kaputte Knochen zu haben. Ich hoffe, mit jenem Röntgengerät, das seine besten Jahre auch schon hinter sich hatte, kann man wirklich Bildern anfertigen, womit man einen Bruch erkennen könnte.
Da ich eigentlich seit Montag in meinen vierwöchigen Ferien bin, plane ich bereits eifrig meine Reisen. Die nächsten drei Tage geht es nach Yanacachi, einem Dorf in den Yungas (siehe oben), indem die Fundación Pueblo vor beinahe 18 Jahren gegründet wurde. Dort werde ich einige Projekte besuchen und einfach die Wärme geniessen.
Danach, wenn in Peru die Streiks wieder vorbei sind, soll es Richtung Cuzco gehen, von wo ich die Inka-Stadt Machu Picchu besuchen möchte. In den darauf folgenden zwei Wochen möchte ich noch das Tiefland Boliviens mit dem Amazonas-Regenwald kennenlernen. Ein volles Programm also bis zu meinem Abflug am 13. August!
Ich sende euch die besten Grüße aus La Paz!
Un abrazo,
Andreas

PS: Wenn manche bereits denken, meine E-Mail-Adresse sei nicht richtig, nur keine Angst: Ich bin nur wieder einmal im Rückstand mit dem Beantworten. Allerdings freue ich mich über jedes einzelne Mail und ich werde JEDES beantworten. Also fleissig weiterschreiben! :-)
Saludos,
Andreas

Keine Kommentare: