Montag, 31. Dezember 2007

¡Un Próspero Año 2008!

¡Hola!

Nachdem ich aus meinem Weihnachtsurlaub in Chile und Peru wieder heil nach La Paz zurueckgekommen bin, hier einige Eindruecke und die neuesten Fotos:
Am 23. Dezember ging es fruehmorgens los von 3600 Metern auf 0 Meter - von La Paz, Bolivien, bis an den pazifischen Ozean nach Arica, Chile. Eine landschaftlich beeindruckende Fahrt zuerst durch das Altiplano (Hochebene), danach durch die Wueste bis man das Meer und damit Arica erreicht. Die mehr als 10-Stunden-lange Busfahrt verbrachten wir vor allem damit, die Landschaft zu bestaunen und zu schlafen. Das anstrengendste dabei war die Einreise nach Chile, da wir zuerst mehr als eineinhalb Stunden am Grenzuebergang warten mussten und danach wurde sogar jedes einzelne Gepaeckstueck durch einen Roentgenapparat geschickt. Durch diese Massnahme versucht Chile die Einfuhr jeglicher Lebensmittel, vor allem Obst, zu unterbinden, da sie Angst vor Schaedlingen, die die boomende Obstindustrie schaedigen koennten, haben. Endlich in Arica angekommen, fuehrte der erste Weg zu einem Bankomaten um zu Geld zu kommen - und das ist wirklich noetig in Chile, da die Preise fuer suedamerikanische Verhaeltnisse sehr hoch sind. Ich hatte grosse Probleme mit der Waehrung zu Recht zu kommen, da die Einheiten riesig sind. Ein Abendessen kann dann leicht 5000 Chilenische Pesos kosten, was zirka sieben Euro entspricht.
Der Hl. Abend verlief dann sehr ruhig - da wir am Nachmittag am Strand etwas zu viel in der Sonne gebraten hatten, waren wir schon sehr bald muede. Weihnachten ist - gefuehlsmaessig - heuer vom Kalender gestrichen worden; dafuer freue ich mich bereits um so mehr auf naechstes Jahr!
Der 25. war ein richtiger Nichts-Tu-Tag - ich hatte Bauchprobleme, meine beiden Reisekollegen einen Sonnenbrand, das sie richtig Angst vor der Sonne hatten und so lagen wir den Grossteil des Tages im Bett herum und sahen eine sinnlose Fernsehsendung um die andere. Am Nachmittag waren wir aber hellwach, als die Fensterscheiben zu klirren begannen und wir zuerst nicht wussten was es sei. Im Endeffekt war es ein leichtes Erdbeben und der Spuk war nach einer beaengstigenden halben Minute wieder vorbei.
Da in Chile das Leben teuer ist und wir genug von Arica hatten, fuhren wir am 26. Dezember in Richtung Peru, nach Tacna. Nach einer Stunde Fahrt auf der Panamericana (Infos: http://de.wikipedia.org/wiki/Panamericana)
durch die Wueste, gelangten wir nach Tacna, von wo aus wir, nachdem wir die Stadt besichtigt hatten, nach "Boca del Río", einer Kleinstadt an der Kueste fuhren. In diesem verschlafenen Staedtchen verbrachten wir unsere Zeit bis zum 29. Dezember - schliefen lange, spazierten am Strand entlang, speisten alle guten Sachen, die das Meer bereithaelt - kurzum: Wir genossen die Zeit!
Am 29. Dezember ging es von Tacna aus wieder in Richtung La Paz. Zuerst aber noch nach Desaguadero, dem Grenzort zwischen Bolivien und Peru. Nachdem ich, wieder einmal, eine Drogenkontrolle der peruanischen Polizei hinter mich gebracht hatte, begann der "Kampf" um das bolivianische Visum. Normalerweise bekommt man 30 Tage Touristenvisum, doch sollten EU-Buerger eigentlich 90 Tage bekommen. Interssant ist, dass wir zu dritt ueber die Grenze fuhren - einer bekam 90 Tage, einer 60 Tage und ich Ungluecksrabe nur 30 Tage. Das heisst entweder wieder auf die Migración (Einwanderungsbehoerde), wo sie mir hoffentlich das Visum auf 90 Tage verlaengern oder ich werde bereits nach einem Monat wieder ausreisen muessen um die Prozedur erneut zu beginnen.
In einigen Stunden werde ich dann hier in La Paz mit Freunden ins Neue Jahr rutschen und hoffen, dass es nur das Beste bringen wird. Dasselbe wuensche ich natuerlich auch euch: Viel Gesundheit, Zufriedenheit und Glueck im Neuen Jahr!


Ich hoffe, ihr verzeiht mir, dass ich beim E-Mail-Beantworten zur Zeit ziemlich im Rueckstand bin. Ich freue mich aber ueber jede und es kommt bestimmt auf jede einzelne Mail eine Antwort!
Liebe Gruesse aus La Paz,
Andreas
PS: Die neuen Fotos gibt es dann im Laufe der Woche!

Samstag, 22. Dezember 2007

¡Feliz Navidad!

¡Hola a todos!
Nachdem ich die letzte Woche fuer das Jahr 2007 im Campo gut verbracht habe, befinde ich mich jetzt seit mittlerweile einer Woche in La Paz. Aber zuerst zu den Neuigkeiten der letzten zwei Wochen:
Am Sonntag, 9. Dez., ging es wieder einmal nach Tomaycuri um die letzte Woche fuer 07 dort zu arbeiten. Am Montag gab es dann eine grosse Praesentation der einstudierten Kunststuecke des Turn- und Musikunterrichts. Die Kinder gaben sich grosse Muehe und es war fuer das gesamte Dorf eine schoene Vorstellung. Am Nachmittag konnte man durch die verschiedenen Klassenraeume bummeln, die Arbeiten der SchuelerInnen bestaunen oder die, von den Kindern mitgebrachten, Speisen probieren. Gladys, meine "Chefin", und ich hatten fuer jeden Lehrer eine Weihnachtskarte vorbereitet und uebergaben ihnen bei der Gelegenheit diese. Sie hatten grosse Freude, vor allem auch, dass ich sie auf Deutsch und Englisch beglueckwuenschte. Am Abend wurde ich noch zu einem Fest eingeladen - wegen meiner Neugierde musste ich hingehen und bekam auch gleich eine Tasse Chicha in die Hand gedrueckt. Gut, aber - leider - wurde ich auch zum Essen eingeladen und bekam eine Handvoll kaltes Fleisch und gekochte Bohnen. Diese konnte ich ja essen, aber beim Fleisch drehte es mir schon beim Ansehen beinahe den Magen um. Normalerweise kein so grosses Problem; man steckt das Fleisch in eine Plastiktuete, die man immer dabei hat, und nachher kann es sein, dass dich ein Hund darum anbettelt. (Hoffentlich liest das keiner aus Tomaycuri! ;-)) Aber erstens hatte ich dummerweise kein Plastiksackerl mit und zweitens sassen mindestens fuenf Frauen um mich herum und kontrollierten was ich ass. Soweit so gut: Mit Mueh´und Not ass ich ein paar kleine Stuecke Fleisch und die gesamten Bohnen. Danach entschuldigte ich mich hoeflich, dass ich schon zu Abend gegessen hatte und verpackte dann das Fleisch feinsaeuberlich in ein Papiertaschentuch. Beim Fest wollte natuerlich jeder mit mir reden, manche waren aber schon so betrunken, dass sie kaum ein Wort sagen konnten. Nachdem mich alle auf Chicha einladen wollten und ich nach einer Tasse bereits den Alkohol im Kopf spuerte, verabschiedete ich mich schon nach relativ kurzer Zeit ins Bett. Am Dienstag wurde das Theater der SchuelerInnen der Sekundaria aufgefuehrt - drei "kurze Stuecke" - dauerten ewig und es war unmoeglich der Handlung zu folgen, da die Akustik, v.a. durch den Wind, extrem schlecht war und auch die Aussprache nicht immer die Beste ist.
Am Mittwoch war dann die allererste "Promoción", also Maturafeier, die sie jemals in Tomaycuri hatten. Es war ein schoenes und gut vorbereitetes Fest und erinnerte mich wehmuetig an meine eigene Maturafeier ein halbes Jahr zuvor. Wenn ich allerdings vergleiche, wie viel wir in Oesterreich gelernt hatten und dass hier manche der Maturanten nicht einmal fluessig lesen, vom schreiben gar nicht zu sprechen, stimmt mich das traurig, aber auch gluecklich darueber, welche grosse Chance ich, und wir alle in Oesterreich, mit unserer Ausbildung haben. Am Nachmittag, nach einigen Copas Bier und - wie immer - Chicha, packte ich meine Sachen fuer meinen Aufenthalt in La Paz. Hoffe, dass ich in diesem Zustand keine wichtigen Sachen im Dorf gelassen habe! ;-)
Am Donnerstag morgen warteten wir bereits ab 6 Uhr frueh auf eine Fahrgelegenheit. Um halb 9 Uhr ging es dann endlich auf einem KLein-LKW in Richtung Macha - WARTEN - LKW nach Pocoata - WARTEN - KLeinbus nach LLallagua. Dort packte ich die restlichen Sachen ein und eilte zum Bus in Richtung La Paz, wo ich dann um halb 2 Uhr morgens fix und fertig ankam und ins Bett fiel.
Ab Freitag letzter Woche arbeitete ich jeden Tag im Buero der Fundación Pueblo, wo ich vor allem Spielbretter fuer ein Buch ueber Spiele fuer den Unterricht, das Florence, ebenfalls Schweizerin, geschrieben hat, bearbeitete. Am Samstag waren wir zu einem Fest, anlaesslich des 2ten Platzes im Wettbewerb der CEPAL (siehe aelteren Eintrag!), bei dem Gruender der Fundación Pueblo, Guenther Schulz-Heiss, eingeladen. Es war ein tolles Fest mit - endlich - gutem Essen und ich tanzte dort meine erste Cueca, ein "Verfuehrungstanz", bei dem ein Taschentuch nie fehlen darf. Weitere Infos, auch ueber andere bolivianische Taenze: LINK
Am Montag dieser Woche war ich das erste Mal im oesterreichischen Konsulat: Ich wollte eigentlich Material ueber Oesterreich fuer den Unterricht mitnehmen, aber es gab nichts. Allerdings bekam ich eine Ruege vom Konsul, der uebrigens aus Gmunden kommt, da ich mich noch nicht registriert hatte. Weiters bat ich um eine Einschaetzung der derzeitigen politischen Lage Boliviens und er meinte, dass man fuer naechstes Jahr auch groessere Zusammenstoesse zwischen Regierungsanhaengern und Opposition erwarten kann. Aber hoffen wir das Beste!
Am Mittwoch ging es dann wieder einmal auf zum Frisoer und es wurde unerwarteterweise zu einem Erlebnis. Da ich zum Haare-Schneiden meine Brille abnehmen muss, sah ich wenig, was die Frisoerin an mir herumschnipselte. Allerdings war ich, als ich die Brille wieder aufsetzte, sprachlos. SCHRECKLICH - Seitenscheitel, alle Haare auf eine Seite gekaemmt, die Stirnfransen schief geschnitten. Zuerst zerstoerte ich durch einen gekonnten Griff meine Frisur und meinte dann, sie solle jetzt einmal alles gerade schneiden. Gut, schlussendlich war ich mit dem Ergebnis so halbwegs zufrieden, allerdings wollte sie 25 Bolivianos (2,5 Euro) dafuer. Normalerweise bezahle ich 10 Bol., wenn ich von hier waere, wuerde es nur 5 Bol kosten. Nach laengerem Verhandeln war sie dann mit 15 Bol. zufrieden und ich eine Erfahrung reicher. Sag´ dem Frisoer immer genau, was du willst! ;-)
Auch im Buero hatten wir eine kleine Weihnachtsfeier mit Tee und sogar ein paar Keksen, die allerdings ein Deutscher mitgebracht hatte. Als Geschenk bekamen wir einen Panetón, einen Kuchen, der hier in der Weihnachtszeit sehr populaer ist, geschenkt. Beim ersten Blick meint man es sei ein Gugelhupf, aber der Geschmack ist kein Vergleich! (Liebe Gruesse an Oma - ich freue mich schon wieder auf deinen Original-Oma-Gugelhupf mit ganz, ganz vielen Rosinen!!!)
Zur Zeit ist die politische Situation in Bolivien etwas angespannt - vor zwei Wochen wurde die neue Verfassung im Parlament verabschiedet, allerdings hatte dabei die Opposition keinen Zutritt. Diese soll jetzt noch durch ein Referendum vom Volk bestaetigt werden. Aber gibt es noch immer viele Streitpunkte - Sucre, die konstitutionelle Hauptstadt, moechte auch den Regierungssitz, der sich zur Zeit in La Paz befindet. Weiters reichte am Tag der Verabschiedung der "ofiziellen" Verfassung, Santa Cruz, ein departamento ("Bundesland"), eine eigene Verfassung ein, erklaerte sich als unabhaengig und moechte jetzt sogar Zollgrenzen mitten in Bolivien einrichten. Auch einige weitere departamentos, vor allem im Tiefland, moechten noch autonom werden. Die Konfrontation fusst vor allem auf den Gegensatz reiches Tiefland mit den riesigen Agrargebieten, Erdgas- und Oelvorkommen, usw. gegen armes Hochland, wo aber der Grossteil der Bevoelkerung lebt. In der neuen Verfassung waere jetzt eine allgemeine Rente fuer alle Leute ab 60 Jahren, Verbesserungen im Bildungsbereich, ... festgeschrieben, was mit den Einnahmen der Erdgasexporte finanziert werden sollte. Die Tieflaender sagen jetzt aber, das sei ihr Geld und sie wollen keine weiteren Zahlungen mehr an das arme Altiplano (Hochland) leisten. Gestern sah ich zum ersten Mal eine Demonstration - eine Friedensbewegung brachte ihre Meinung zum Ausdruck und wurde, unbegruendeterweise, von Regierungsanhaenger angegriffen. Zum Glueck kam es aber zu keinen heftigen Auseinandersetzungen; allerdings sieht man, wie hoch zur Zeit die Gewaltbereitschaft ist. Zum Glueck kommen jetzt die Weihnachtsfeiertage und die Leute sind - hoffentlich - mit dem Feiern beschaeftigt. Im neuen Jahr wird man sehen, wie sich die Lage entwickelt.
Auch ich werde mich morgen zum Feiern in Richtung Arica, Chile, verabschieden und dort die Weihnachtsfeiertage mit Freunden am pazifischen Strand verbringen.
Ich wuensche euch ein ¡Feliz Navidad y un Próspero Año Nuevo!. Feiert schoen, esst fuer mich ein paar Weihnachtskekse mit und trinkt einen Punsch auf mich!
Liebe Gruesse,
bis bald,
Andreas

Samstag, 8. Dezember 2007

Fundación Pueblo gewinnt 2. Platz im Wettbewerb der CEPAL

Herzliche Gratulation an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fundación Pueblo! Unter mehr als 900 Projekten aus ganz Süd-, Mittelamerika und Karibik wurden zwölf Projekte ausgewählt, die sich in Brasilien präsentieren durften. Gestern wurde die Entscheidung gefällt und die Fundación ist vorne dabei.
Mehr Informationen:
Schlüsselinfo (Informationen über den Wettbewerb, deutsch)
Presseinformation der CEPAL (Ergebnis, spanisch)
Fundación Pueblo (Website meiner Organisation, deutsch, spanisch)

4 Monate Bolivien - ein Drittel bereits geschafft!

¡Hola a la gente en Austria!

Leider war ich die letzten zwei Wochen faul und konnte mich nicht überwinden, einen Bericht zu schreiben - aber die neuesten Neuigkeiten der letzten drei Wochen:
Als wir am Dienstag, 20. November, mit dem Lehrer ins Dorf fuhren war ich geschockt: Der Sohn des Lehrers, der gleichzeitig auch ein Becado bei uns im Dorf ist, soll liquichado sein. Da zum Haus des Lehrers keiner Zutritt hat, muss es während der Zeit im Dorf bei der "Gastmutter" passiert sein - SCHOCK! Wir haben im Dorf die Fettabsauger! ;-) Zum Arzt oder ins Krankenhaus kann man allerdings mit dieser "Krankheit" nicht gehen, da es dort nur schlimmer gemacht wird. Also wurde ein Wunderheiler befragt, der auch eindeutig die Diagnose stellte: Liquichado - also isst der arme Junge seither nur Suppe von schwarzen (!) Hähnen und Spezialeiern - natürlich eine schweineteure Diät, da die schwarzen Hähne selten sind und dementsprechend teuer. Aber dank dieser Spezialbehandlung ist der Junge am gesunden! Zusatzproblem: Da ja nur die Gastmutter den Schlüssel zum Zimmer hat, muss sie oder ihr Mann es gewesen sein oder sie muss wissen, wer dem armen Jungen das Fett abgesaugt hat. Anscheinend will der Lehrer die Gastmutter nun verklagen! Für mich scheinen die Symptome wie eine normale Magen-Darm-Grippe: Erbrechen und Kopfweh - aber wer weiss: Vielleicht glaube ich nach einem Jahr Aufenthalt hier auch an diese Dinge! :-)
Am Donnerstag jener Woche klopfte es am späten Nachmittag an meiner Tür und während ich noch "Sí" sagte, stand schon ein Mann Mitte 40 bei mir im Zimmer und fragte, ob er sich setzen dürfte. Klar - ich bin doch ein freundlicher Mensch! Doch wieder einmal hatte man mich mit einem Arzt verwechselt, denn er meinte, ich solle ihm doch die Krankengeschichte seines verstorbenen Vaters erklären und er legte mir einen Haufen Kopien der Krankenhausakte auf dem Tisch. Wie soll ich bitte irgendetwas erklären können, wenn 1) es in der Klaue eines Arztes geschrieben ist und 2) das noch auf Spanisch. Ich musste ihn also ungetaner Arbeit wieder wegschicken, aber er kann es, so meine ich, heute noch nicht glauben, dass ich kein Arzt bin.
Am Freitag jener Woche kam dann die Englischlehrerin einfach nicht zum Unterricht - war aber halb so schlimm, denn oft leite ich den Unterricht auch alleine, wenn sie anwessend ist. Anscheinend (oder ziemlich sicher) soll sie am Vortag den Geburtstag eines Kollegen gefeiert haben und das scheint ihr nicht wohlbekommen zu sein. Doch diese Geburtstagsfeier hatte noch weitere Auswirkungen auf meine "Pläne" (wenn man hier zu irgendetwas Plan sagen kann ;-)). Der Lehrer, mit dem wir eigentlich am Abend nach Llallagua gefahren wären, war ebenfalls noch nicht fahrtauglich und so musste ich eben noch bis Samstag Morgen warten. Am Freitag Abend kamen dann dieser Lehrer und seine Frau, ein anderer Lehrer und Gladys, meine "Chefin", auf mein Zimmer, plauderten mit mir und tranken Tee. Doch das Interessantestes war der Gesichtsausdruck, als ich den Lehrern mein Yogur Natural (Yoghurt ohne Fruchtgeschmack und ohne Zucker) kosten liess - warum hat man in solchen Momenten die Kamera nicht bei der Hand! ;-)
Der Lehrer meinte dann, wir fahren morgen (also Samstag) um halb fuenf Uhr morgens weg - also wartete ich ab 4:15 Uhr auf die Abfahrt. Nach zwei Stunden, also um 6 Uhr, starteten wir dann die Reise nach Llallagua. Mittlerweile weiss ich auch die Kilometeranzahl: 115 Kilometer von Llallagua nach Tomaycuri - dauert hier allerdings zwischen fünf und sechs Stunden!
Am Samstag Abend traffen wir, dh. Andreas und ich, noch zwei Touristen in Llallagua - ein Attraktion! Mit ihnen gingen wir dann noch ein Bier trinken und plauderten über ihre Reise. Er ist Ire und sie Französin und reisen seit mittlerweile fast einem Jahr in der Weltgeschichte herum. Da er nur wenig Spanisch sprach, fand unsere Unterhaltung auf Englisch statt - das einzige Problem ist nur, das mir am Anfang immer wieder spanische Begriffe reinrutschten, aber nach einer halben Stunde Unterhaltung (und einem Bier) ging es dann schon wieder recht flüssig.
Wieder im Dorf angekommen, kam am Montag die E-Lehrerin wieder einmal nicht zum Unterricht - hatte eine Besprechung mit dem Direktor. Mit dem Ergebnis dieser Besprechung bin allerdings auch ich sehr zufrieden: Sie wird auch nächstes Jahr in Tomaycuri bleiben, was ich super finde, da ich mich mit ihr gut verstehe, allerdings finde ich den Grund ein wenig komisch: Der Direktor möchte nicht, dass eine Englischlehrerin mit Ausbildung an seine Schule kommt, weil ja dann die SchülerInnen endlich einmal etwas lernen müssten. Aus diesem Grund darf ich auch die Tests nicht bewerten, da bei mir die Noten um einiges schlechter ausfallen würden - aber dank der Nachsicht der "Englisch-"Lehrerin sind heuer alle in Englisch durch.
Auch die "Miete" für mein Luxuszimmer in Tomaycuri habe ich bezahlt: die Hälfte der Stromkosten - macht für 4 Monate 5.2 Euro. So billig werde ich nie wieder wohnen können! :-)
Noch einige Anmerkungen zum Wetter: Zur Zeit regnet es im Dorf jeden Tag. Meistens ist es so, dass am Vormittag herrlicher Sonnenschein ist und am Nachmittag ein Gewitter UND mehrere kurze Regenschauer vorbeikommen. Für diese Jahreszeit ist das hier normal, da wir uns am Beginn des Sommers, also der Regenzeit, befinden. Pluspunkt: weniger Staub; Minuspunkt: Matsch, Matsch, Matsch
Am Freitag vorletzter Woche bekamen die SchülerInnen in die Tomaycuri ihren "Bono Juancito Pinto". Das heisst: Jede(r) SchülerIn von der ersten bis zur sechsten Klasse, der die Schulstufe abgeschlossen hat, bekommt 200 Bol (ca. 20 Euro) in die Hand damit er - hoffentlich - die nächste Klasse besucht. 200 Bol sind am Land relativ viel - so beläuft sich der Beitrag der Eltern für ein Jahr als Becado im Programm der Fundación Pueblo auf ca. 130 Bol - der Rest wird von der Bezirksverwaltung und von der Fundación Pueblo bezahlt.
Letztes Wochenende war leider das letzte mit Andreas in Llallagua - er wird nach der Arbeit in La Paz nicht mehr ins Campo zurückgehen. Das musste natürlich anständig gefeiert werden - zuerst Charquekan essen (getrocknetes und dann gebratenes Fleisch, Mais, zwei Eier und Kartoffeln) und dann noch Bier trinken gegangen. Interessant fand ich, dass hier die Bars zum Grossteil bereits um halb 12 abends zu-(!)sperren.
Am Sonntag wollten wir dann mit der 10-Uhr-Flota ins Dorf fahren - nur leider war diese, die normalerweise erst um 11 fährt, an jenem Tag bereits um 9:30 Uhr abgefahren. Ob wir die Buskosten (immerhin 15 Bol = 1.5 Euro) wieder zurückbekommmen ist eine andere Frage, aber wir haben zumindest reklamiert). Wir fuhren dann am Nachmittag mit einem Lehrer nach Tomaycuri. Dabei kamen wir zu einem Autounfall - ein Geländewagen war auf gerader Strecke in den Graben gerutscht und umgekippt - warum wohl? Natürlich war der Fahrer betrunken, was hier meist die einzige Unfallursache ist! Mit drei Seilen wurde das Auto wieder auf seine vier Räder gestellt. Pech fuer mich - genau das Seil, an dem ich zog, riss ab und der Besitzer meinte, der Gringo (wer sonst!) soll es bezahlen. Momentan war ich so wütend, dass ich ihm am liebsten alle Schimpfwörter, die ich mittlerweile auf Spanisch kann, an den Kopf geworfen hätte - ich schwieg aber nur und drehte mich um und dachte mir - Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Im Dorf endet nächsten Dienstag dieses Schuljahr und so war die letzte Woche von Prüfungs-"Stress" geprägt. Aus diesem Grund lernte ich mit den Becados aus ihren Heften - das einzige Problem ist, dass, wenn sie einen, vom Lehrer mit Antworten diktierten, Fragenkatalog haben, es bei fünf Becados sieben verschiedene Antworten in den Heften gibt. Also war der Grossteil der Arbeit die Fragen und Antworten zu syncronisieren und dann noch ein wenig zu lernen. Zusätzliches Problem: Ich stelle eine Frage - keiner weiss die Antwort - ich erkläre die Antwort und stelle die gleiche Frage nochmal - SCHWEIGEN!!! Oft ist es dann ein wenig ermüdend und nervenauftreibend!
Fortsetzungsgeschichte "Meine Zimmermaus": In dieser Woche habe ich endlich Nahrung fuer mein Zimmermäuschen gefunden, die sie sogar von der Mausefalle runterfrisst: Schinkenwurst. Jeden Morgen bekommt sie wieder ein Stückchen auf die Mausefalle und über Nacht frisst sie brav ihre tägliche Ration. Allerdings will sie sich nicht fangen lassen. Trotzdem habe ich schon eine "Beute" gefangen. Am Donnerstag kam Najaira, die Tocher meiner Encargada, in mein Zimmer und fragte was das (Mausefalle) sei. Ich schrie nur "NO", aber es war schon zu spät und sie präsentierte mir die Mausefalle an ihrem Finger baumelnd. Doch dank einem Plaster und ein wenig Creme war der Schmerz schnell wieder vergessen.
Diese Woche fuhren wir bereits am Donnerstag nach Llallagua, da Gladys noch ihren Bericht für November schreiben und ich den 4-Monatsbericht für Österreich fertigstellen musste. Allerdings war die Reise wieder einmal mehr als spannend: Bis Pocoata ging alles gut - ausser, dass eine Frau im Bus einen Kanister voller Speiseöl umgeleert hatte und darum alle durch den Bus rutschten und dass wir natürlich wie immer Ewigkeiten auf eine Fahrgelegenheit warteten. Zuerst schien es so, dass wir in Pocoata übernachten müssten, allerdings kamen dann noch andere Fahrgäste und wir überredeten einen Fahrer eines Kleinbuses uns doch noch nach Llallagua zu fahren. Zirka eine Stunde vor Llallagua war dann Schluss - Batterie leer. Der Fahrer meinte nur: Bis hierher und nicht weiter! Zum Glück kam aber ein Auto, dass uns die Batterie zum Starten lieh und wir konnten weiterfahren. Allerdings mussten wir Strom sparen und konnten deswegen das Licht nicht anmachen. Halb so schlimm, denkt sich der Bolivianer, und fährt mit dem Licht zweier Taschenlampen!
Um halb 12 Uhr abends stand ich dann vor der versperrten Tür des Hauses in dem sich mein Zimmer befindet. Die Tür war leider nicht nur versperrt sondern zusätzlich noch fünffach verriegelt - also war mit dem Schlüssel nichts zu machen. Allerdings öffnete auch nach Klingeln, an-die-Tür-Hämmern, Schreien, Steine-ans-Fenster-Werfen, ... keiner. Sogar die Nachbarin kam mir zur Hilfe und schrie sich die Seele aus dem Leib. Nach einer halben Stunde öffnete sich ein Fenster und das verschlafene Gesicht meiner Vermieterin kam zum Vorschein. "Ach, habe ich gut geschlafen. Ich habe gar nichts gehört!" Gut, aber immerhin konnte ich in meinem Zimmer schlafen!
Gestern arbeitete ich im Büro hier in Llallagua und stellte meinen 4-Monatsbericht für das österreichische Innenministerium fertig. Wer Interesse hat, kann sich den Bericht unter diesem Link downloaden: http://docs.google.com/Doc?id=df3gxjpd_9rsw6mff4
Für mich heisst es morgen das letze Mal für 2007 ins Dorf zu fahren - am Donnerstag werde ich hoffentlich rechtzeitig in Llallagua ankommen um gleich noch nach La Paz weiterzureisen, wo ich dann für zwei Monate wohnen und arbeiten werde. Freue mich schon auf täglichen Internetzugang und wirklich warmer Dusche - ausserdem kennt man in der Grossstadt einen Gringo und man fühlt sich als Weisser nicht immer wie eine Zirkusattraktion.
Wünsche euch das Beste für die kommende Woche!
Liebe Grüsse,
Andreas

Dienstag, 20. November 2007

Fotos!!!

Endlich gibt es die versprochenen Fotos von der Reise zum Lago Titicaca und von Todos Santos (Allerheiligen).
Leider habe ich diese Woche auch nicht alle Mails beantwortet - aber auf jede kommt eine Antwort!!! Also weiterhin brav schreiben!

Hier der Link:
Oktober - Reise Titicaca-See


Liebe Grüsse,
bis nächste Woche!
Andreas

Samstag, 17. November 2007

Warum oesterreichische Antibiotika-Tabletten in Bolivien nicht wirken

¡Hola a todos!
Warum war schon wieder so viel los in der letzten Woche? Da muss ich beinahe einen neuen Bericht schreiben! ;-)
Am letzten Samstag habe ich mich endlich getraut, die Batterie meiner geliebten Armbanduhr zu wechseln. Schon seit einigen Wochen bleibt sie wegen der schwachen Batterie und der Kaelte immer in der Nacht stehen, aber ab Donnerstag ging gar nichts mehr. Also bin ich zu einer "Relojería" ("Uhrenreparaturstand") gegangen und wollte die Batterie wechseln lassen. Als sie (Frauen und Technik!!!) die Uhr allerdings mit roher Gewalt mit einem Schraubenzieher oeffnen wollte, war ich schneller weg als sie schauen konnte. Bei einem anderen Stand bezahlte ich dann 0.8 Euro fuer die Batterie und nochmals 60 Cent fuer das Waschen der gesamten Uhr, da sich der Sekundenzeiger auch mit neuer Batterie nicht bewegen wollte. Bis jetzt funktioniert sie super - aber es war ja auch ein Mann, der sie mir repariert hat ;-)
Bei meiner Ankunft am Sonntag Nachmittag in Tomaycuri - SCHOCK - gab es kein Wasser. Ich hatte genau noch zwei Liter Wasser in einer Flasche gehortet, aber keiner wusste, wann es wieder Wasser geben wuerde. Zu meinem Glueck war aber der Schock nach zwei Stunden wieder vorrueber und das Wasser floss wie gewohnt aus dem Hahn. Allerdings war mir dieses Erlebnis eine Lehre: Ab sofort stehen die Flaschen bei mir nicht, wie bisher, leer im Zimmer herum sondern sind immer vollgefuellt, damit ich zumindest fuer eine Woche genuegend Wasser haette.
Am Montag kamen dann die "wichtigsten" Personen der Fundación Pueblo nach Tomaycuri um das vergangene Jahr des Programmes "Hospedaje Estudiantil en Familia" ("Schuelerinternat in Familien") durchzufuehren. Annette, die Schweizerin aus La Paz, Elena, die Verantwortliche der Fundación im Norden von Potosí, Rosa, die Supervisorin des Programms und natuerlich unser Chauffeur, der Alex.
Im Endeffekt waren alle positiv gestimmt und es wurde beschlossen, auch im naechsten Jahr das Programm in Tomaycuri fortzufuehren.
Am Dienstag kam Raúl, Annettes Ehemann, und ein "Gehilfe" um Sequenzen fuer einen Film ueber die Fundación Pueblo zu drehen, der Anfang Dezember in Brasilien bei der Endentscheidung des Wettbewerbes (siehe fruehere Eintraege und www.fundacionpueblo.org) praesentiert werden soll.
Am Abend probierte ich noch eine interessante Pflanze: Estevia - ihre Blaetter werden als natuerliches Suessungsmittel genuetzt und schmeckt wirklich toll im Tee! Wer viel Zeit und Interesse hat, kann sich dieses Dokument durchlesen: Estevia
Am Mittwoch nachmittag sollte ein Bus, der von den Lehrern gemietet worde war, kommen - aber auch nach vier Stunden Warten kam er nicht. Also fuhren Gladys und ich am Abend noch bis nach Macha - weiter gab es leider keine Movilidad mehr. Und so mussten wir in Macha uebernachten - ein Horror fuer jeden Bolivianer, da in diesem Ort anscheinend ein "Geist" herumgeht, der dir, waehrend du schlaefst, Fett absaugt. Wenige Zeit spaeter sollst du an den Wunden sterben - interessanterweise, weiss aber keiner wofuer das Fett verwendet wird, allerdings munkelt man, dass die kath. Kirche es fuer ihre Kerzen verwendet. Interessant, oder?
Doch auch fuer mich war es eine schreckliche Nacht: Das Bett war viel zu kurz, die Matratze durchgelegen und zusaetzlich klaeffte ein Hund die ganze Nacht - wenn ich den am naechsten Morgen erwischt haette! ;-)
Am Donnerstag fuhr ich mit einem Bus zwei Stunden bis nach Chacafuco, wo der Weg nach San Miguel de Kari, einem anderen Ort, wo die Fundación Pueblo taetig ist, beginnt. Von dort weg kam ich, nach eineinhalb Stunden Fussweg, in San Miguel an, wo an diesem Tag die Evaluación stattfand und auch Andreas, der andere Volontaer, arbeitet. Ein wunderschoenes Dorf und vor allem um einiges waermer als in Tomaycuri, wo ich arbeite.
Am Abend, waehrend der Heimfahrt, bekam ich Fieber und rief deswegen meinen "Hausarzt" in La Paz an. Er meinte, dass meine Halsentzuendung, die sich schon vier Wochen hinzog, nun doch von Bakterien verursacht wurde und ich Antibiotika nehmen sollte. Allerdings auf keinen Fall in Tabletten, da die sowieso nicht helfen, sondern ich sollte mir eine Spritze von einem Arzt holen. Davon wurde mir allerdings von Florencia, ebenfalls Schweiterin und Mitarbeiterin der Fundación, abgeraten, da man nie weiss, ob die Mitteln nicht gestreckt sind oder sonstwie nicht okay. Also begann ich die Tabletten, die ich aus Oesterreich mitgebracht, einzunehmen und allen bolivianischen Unkenrufen zum Trotz, helfen sie. Mittlerweile kann ich bereits wieder normal sprechen und ich fuehle mich schon um einiges besser.
Wuensche euch nur das Beste!
Liebe Gruesse aus Llallagua,
¡hasta pronto!
Andreas
@Onkel Franz: die Tabletten werden uebrigens von Kwizda hergestellt ;-)

Samstag, 10. November 2007

GHOETE o GOETHE?

¡Hola a todos!
Gleich directamente zum Lagebericht der, jetzt bereits, drei Wochen:
Am Sa, 20. Oktober, sind Andreas und ich noch in Llallagua ins Theater gegangen. Doch als wir unsere Eintrittskarten fuer einen Euro in der Hand hielten, war ich etwas verwundert. GHOETE ist der der bekannte deutsche Schriftsteller, oder? Aber irgendetwas stimmte nicht - naja, ganz einfach, das H war beim Druck ein wenig verrutscht. Hier die Originalaufschrift: "El Teatro es la vida y es la muerte donde se sufren mil vidas y se sufren mil muertes" - GHOETE (fuer die Spanischmuffeln unter euch: Das Theater ist das Leben und der Tod, wo man tausend Leben und tausend Tode leidet.) Das Stueck war ganz lustig und wir bekamen sogar geschaetzte 50 Prozent der Witze mit - verwundert hat mich, dass dort mit Sexualitaet relativ offen umgegangen wurde; im grossen Gegensatz zum Dorf, wo alles, dass nur annaehernd etwas mit diesem Thema zu tun hat, ein grosses Tabu ist.
Am darauffolgenden Montag musste ich zum ersten Mal die Sache im Dorf alleine schaukeln, da Gladys, die Verantwortliche, in Macha (Nachbardorf) am PDM (Programa para el Desarollo Municipal - Programm zur "Bezirks"-Entwicklung) teilnahm. Am Dienstag sah ich dann diese Maus, der meine Milch zu schmecken scheint - ihre Tage sind allerdings gezaehlt, denn ich habe bereits eine Mausefalle aufgestellt!
Am Freitag habe ich fruehmorgens schon meine Wasserkanne zerstoert: Normalerweise fuelle ich sie am Abend mit Wasser an, damit ich nach dem Aufstehen nur den Gaskocher anwerfen muss und so schnell warmes Wasser zum Waschen habe. Und so war es auch dieses Mal, ausser dass die Kanne leer war. Nach einiger Zeit roch es komisch im Zimmer - nur konnte ich nicht erkennen, woher der Gestank kam. Erst als die Kanne einknickte, da der Boden einfach weggeschmolzen war, ging auch mir ein Licht auf. Naja, werde mir eben eine neue kaufen muessen!
Freitag Mittag begann dann meine grosse Reise: Zuerst wieder auf der Ladeflaeche eines Chips bis nach Macha, danach auf der Ladeflaeche eines LKWs bis Pocoata und schlussendlich im Minibus bis nach Llallagua. Wie ihr euch vorstellen koennt, kam ich, wie immmer, staubig, verschwitzt und todmuede in Llallagua an, aber es ging gleich wieder weiter. Mit Andreas fuhr an diesem Abend noch nach La Paz - nach einem Buswechsel in Oruro kamen wir um halb zwei morgens im Haus von Annette, der Schweizerin, in La Paz an und konnten uns nichts Besseres als das warme Bett vorstellen. Auch eine "traurige" Nachricht habe ich von dieser Busfahrt zu berichten: Mein geliebter, ununterbrochen getragener, Schal ist auf der Fahrt zwischen Oruro und La Paz verschwunden. Mittlerweile habe ich mir aber bereits wieder einen teueren Alpaka-Schal gekauft - hier fuer 11 Euro leistbar, in Oesterreich, fuer mich, wahrscheinlich nicht. ;-)
Man staune: Am Samstag "traute" ich mich das erste Mal in Bolivien zum Frisoer. Ich bin zufrieden: Habe dort nur einen Haufen Haare und einen Euro gelassen und keine Teile meines Ohres oder so.
Ausserdem war ich zum ersten Mal im Kino - fuer zweieinhalb Euro wurden wir mit einer voellig sinnlosen Noah-Geschichte, die ins Moderne uebertragen wurde, berieselt. Zum Glueck war aber das Spanisch ziemlich einfach, und so, und auch auf Grund der Einfachheit der Handlung, verstanden wir beinahe alles.
Am Sonntag morgen begann ich meine erste wirklich alleinige Reise. Mit dem Bus fuhr ich in Richtung Copacabana am Titicaca-See, an der Grenze zu Peru. Der Lago Titicaca wird normalerweise als der groesste See Suedamerikas und als der hoechste schiffbare See der Welt angesehen. In einer Hoehe von 3810 Meter uber dem Meeresspiegel dehnt sich dieses, im Laufe der Geschichte fuer verschiedenste Kulturen, von den Inkas bis heute zu den Aymara, wichtige Zentrum ueber 8300 Quadratkilometer aus. Diese Flaeche entspricht beinahe einem Zehntel der Flaeche Oesterreichs. Wer mehr wissen will: http://de.wikipedia.org/wiki/Titicaca-See
Bei der Fahrt von La Paz nach Copacaban muss der See auch an einer Engstelle ueberquert werden: Der Bus auf einer Faehre, die Fahrgaeste in einem kleinen Boot - von San Pablo nach San Pedro (Hl. Paul - Hl. Peter) faehrt man zirka zehn Minuten zusammengequetscht mit anderen Touristen und hofft, dass das Boot nicht kentert.
Am Nachmittag besuchte ich die wunderschoene Kirche von Copacabana. Interessant war vor allem das der Kirche angeschlossene Museum der Augustiner, wo man mehr als 300 Jahre alte Bilder und Gemaelder ohne den gewoehnten Sicherheitssystemen sehen kann - wer moechte, koennte sie sogar anfassen! Ausserdem kann man die Kleider der Virgen de Copacabana (Jungfrau von Copacabana), die in der Kirche zu sehen und der sie auch geweiht ist, der letzten hunderte Jahre ansehen. Alle vier Monate bekommt sie ein anderes Kleid, das normalerweise von Pilgern gespendet wird, und bis zum Jahr 2045 ist jetzt bereits festgelegt, welches Kleid sie wann tragen wird.
Am Abend traf ich einen 20-jaehrigen Deutschen, der sich gerade auf seiner ein-Jahr-dauernden Weltreise befindet. War ganz interessant mit ihm zu tratschen, allerdings waere das nichts fuer mich: 1 Jahr aus dem Rucksack zu leben - schrecklich! Am Montag ging es dann auf die Isla del Sol (Sonneninsel). Wir besichtigen einige alte Inka-Kult-Staetten. Die Aussicht war atemberaubend (-->Fotos), aber im Grossen und Ganzen war es nicht soooooooo interessant. Am suedlichen Teil der Insel befindet sich ein Sonnenpalast, der allerdings nicht von den Inkas sondern erst nach der Eroberung Amerikas von den Aymara nach Inka-Vorbild gebaut wurde. Von diesem Palast sieht man zur Isla de la Luna (Mondinsel), wo sich ebenfalls ein Palast - das Gegenstueck zum ersten - befindet. Interessant war, wie die Tueren gebaut sind: Oben immer schmaeler werdend. Durch diesen Baustil stuerzen sie auch bei Erdbeben nicht ein.
Am Mittwoch ging es dann nach Puno - ebenfalls am Titicaca-See allerdings in Peru. Zum ersten Mal in meinen Leben musste ich, der vom Euro-Europa verwoehnt ist, Geld umtauschen: 2,6 Bolivianos fuer einen Neuen Sol.
Am Donnerstag fuhr ich zu den schwimmenden Uros-Inseln und zur Insel Taquile. Zu meinem Glueck erwischte ich kein typisches Touristenboot, sondern ein Transportboot. So fuhren nur drei Touristen - ein deutsches Paar und ich - mit Einheimischen der Insel Taquile einen Tag auf dem Titicaca-See herum. Mich beeindruckten vor allem die Uros-Inseln, die vom Stamm der Uros aus Totora-Schilf hergestellt werden und somit einfach schwimmen!
Zum Abendessen ass ich, zum immerhin sechsten (!) Mal, Trucha (Forelle) - allerdings: warum soll man die lokale Kueche - die Trucha wird im Titicacasee gezuechtet - verschmaehen?
Am Donnerstag, 1. November, ging es dann wieder zurueck nach La Paz. Beim Grenzuebertritt wurde ich von der peruanischen Polizei zur Drogenkontrolle aufgefordert - war allerdings ganz problemlos und ich habe keinen Grund mich ueber die peruanische Polizei zu beschweren. Kleine Anmerkung: Da ja "alles" durchsucht wurde, wussten sie auch wieviel Geld ich dabei hatte - gerade ausreichend fuer die Reise bis nach La Paz. Allerdings hatte ich ein Touristenvisum beantragt und so meinte ein Polizist: Naja, fuer Tourismus haben sie ja ziemlich wenig Geld dabei. (Ich glaube es waren wirklich nicht mehr als 5 Euro.) ;-)
Das groessere Problem war allerdings, dass ich fuer Bolivien nur 30 Tage Visum bekommen habe (normalerweise sind es 90). Als ich reklamierte, meinten sie nur, dass ich mir die restlichen 60 Tage in La Paz auf der "Migración" holen kann. Allerdings war diese am Donnerstag Abend bereits geschlossen und am Freitag war Feiertag wegen Todos Santos (Allerheiligen). Darum bin ich auch nicht, wie geplant, am Samstag ins Dorf gefahren, sondern startete meine Reise Richtung Tomaycuri erst am Montag.
Am Freitag war ich auf den Friedhof um mir dieses Spektakel um Todos Santos anzusehen. Auf dem Friedhof in El Alto (Satellitenstadt von La Paz), wo noch traditioneller gefeiert wird, ist der Tod einfach ein Geschaeft. Zwischen den Graebern werden Eis, Luftballons und sonstige Kleinigkeiten verkauft. Irgendwie hatte ich aber das Gefuehl, dass inmitten diesem Laerm und Gewuehle, der Tod mehr Teil des Lebens ist, als bei uns in Europa. Aber seht selbst dann die Fotos!
Am Samstag war ich zum ersten Mal beim Arzt: Da mein Hals seit mittlerweile drei Wochen schmerzt und ich oft (beinahe) keine Stimme habe und auch mein Husten nicht besser wurde, war es gestern allerhoechste Zeit. Fuer 10 Euro bekam ich die erleichternde Nachricht, dass nur der Hals stark entzunden ist und dass nichts Schlimmeres dahinter steckt. Innerhalb der naechsten Woche sollte das alles mit den Tabletten, die ich (40 Stueck!) fuer 60 Cent in der Apotheke kaufte, wieder gut werden.
Leider hat sich aber in diesr Woche nichts veraendert - ich leide also weiter!
Am letzten Sonntag bin ich dann noch zu einem riesigen Markt nach El Alto gefahren, der "Fería 16 de Julio", gefahren. Spannend und riesig - ich brauchte immerhin mehr als 40 Minuten um von einem Ende zum anderen zu kommen und ich habe nicht getroedelt.
Am Montag morgen wurde es dann spannend: Mit Raúl, dem Mann der Schweizerin, fuhr ich zur Migración (Einwanderungsbehoerde) um mein Visum von 30 auf 90 Tage verlaengern zu lassen. Nach einer kurzen Diskussion mit dem Beamten ("Das ist aber das letzte Mal!") bekam ich den notwendigen Stempel und ich darf mich nun wieder bis Ende Jaenner in Bolivien aufhalten. Um 7 Uhr abends fuhr ich mit einer Direkt-Nacht-Flota nach Llallagua und kam um 2 Uhr Frueh todmuede an. Doch am naechsten Morgen, nach wenigen Stunden Schlaf, ging der "Stress" schon wieder weiter: Um 9 Uhr fuhr ich mit einer weiteren Flota bis nach Macha, wo ich dann zwei Stunden auf eine Fahrgelegenheit ins Dorf wartend verbrachte. Schlussendlich durfte ich auf einem Luxus-LKW vollgeladen mit Esel-Sch... Platz nehmen und die windige und staubige 1-Stunden-Fahrt bis nach Tomaycuri geniessen. Dort erwartete mich wieder eine Ueberraschung meiner Zimmermaus. Obwohl ich den Milchbeutel in einem Plastiksackerl auf mein Eisenbett gehaengt hatte, musste sie einen Weg gefunden haben, alle Schwierigkeiten zu ueberwinden und den Milchbeutel anzuknabbern. Allerdings scheint sie nicht ganz "dicht" zu sein, da sie einen, nur in Papier gewickelten, Kaese, der neben der Milch lag, verschmaehte!
Am Abend wollte ich mit den Becados beginnen, Weihnachtskarten fuer die Spender der Fundación Pueblo zu basteln.(Wer also naechstes Jahr auch eine liebevoll gebastelte Weihnachtskarte erhalten moechte, auf www.fundacionpueblo.org finden sich die Kontodaten!) Vorerst scheiterte das Projekt allerdings, da die Kinder keine Ahnung hatten, was ueberhaupt Weihnachten ist. Nachdem ich aber "Modell"-Karten gebastelt hatte und ihnen erklaert hatte, wie in Europa Weihnachten gefeiert wird und welche Geschichte dahinter steckt, konnte es losgehen. Mehr als 70 Karten gingen durch die Haende der Kinder und es sind einige wirklich schoene dabei.
Am Donnerstag Abend lud ich Gladys, die Verantwortliche der Fundación im Dorf, und ihre Tochter zu einer richtig typischen oesterreichischen Jause ein - mit Wurst, Kaese, Tomaten usw. Allerdings schien der Versuch zu scheitern: Sie wussten einfach nicht, WAS sie essen sollten, obwohl der Tich vollbeladen war. Normalerweise ist die Cena hier in Bolivien auch ein warmes Gericht und eine "Brettl-Jausn" kennen sie darum nicht. Nach einigen Erklaerungen meinerseits schmeckte ihnen sogar ihr erstes (!) Vollkornbrot, das ich aus La Paz mitgebracht hatte, und sie gingen, ich hoffe es zumindest, satt zu Bett.
Gestern ging es dann um 14 Uhr auf der Ladeflaeche eines Chips wieder in Richtung Macha und von dort, nach dem obligatorischen Warten, mit einem Taxi ganz bis nach Llallagua und so kam ich bereits um sieben Uhr abends hier an.
Hier geniesse ich wieder zwei Tage Zivilisation bevor es morgen wieder ab ins Dorf geht - allerdings anscheinend nur bis Mittwoch, da am Donnerstag und Freitag (zum ersten Mal ;-) ) wieder keine Schule ist.
Uebrigens: Ihr werdet mich nicht los in Oesterrich: Ich habe heute meine Flug fuer 13. August 2008 gebucht und ab 14. August 2008 bin ich dann wieder im Lande. Freue mich schon wieder auf euch!
Liebe Gruesse,
Andreas
PS: Wer eine Antwort auf die Frage im Titel dieses Berichts weiss, darf mir gerne eine Mail schreiben!

Montag, 5. November 2007

Naechste Woche!

Alles ist beinahe fertig - allerdings nur beinahe!
Ewig langer Bericht (noch nicht ganz fertig) und sage und schreibe 82 Fotos (aber noch ohne Titeln) - da ich keine halben Sache machen, vertroeste ich euch auf naechste Woche!
lg,
Andreas

Samstag, 20. Oktober 2007

Un cumpleaños especial

¡Hola!
Zuerst einmal ein ¡Muchas gracías! fuer die vielen Geburtstagsmails. Ich habe mich ueber jedes einzelne riesig gefreut, werde aber heute leider nicht Zeit haben, alle zu beantworten, und morgen bin ich schon wieder ohne Internet. Aber keine Angst: Auf JEDES einzelne folgt eine Antwort!
Letzten Sonntag sind wir, so wie beinahe jeden Sonntag, mit der Flota ("Ueberlandbus") nach Tomaycuri gefahren - nur sind wir diesmal in einer unuebersichtlichen Kurve in ein Taxi gekracht. Das hat aber keinen wirklich gestoert - nach fuenf Minuten Halt, einigten sich die Fahrer, dass jeder fuer seinen Schaden selbst verantwortlich ist und wir fuhren weiter.
In meinem Zimmer im Dorf war ich kurz vor der Verzweiflung: Soll ich nun an Geister glauben, die Milch aus ungeoeffneten (!) Packungen, in diesem Fall dickere Plastiksackerl, trinken oder nicht? Nach einer Gruebelpause von mehr als zwei Stunden und mehreren eingehenden Untersuchungen der beiden Milchpackungen, wurde mir klar, dass eine Maus (oder ein anderes Vieh!) die Packerl an den Ecken angeknabbert hatte, die Milch ausgeflossen war und wegen der trockenen Luft einfach trocknete. Interessant ist aber, dass die Maus den Kaese, der offen (!) daneben lag, nicht gefressen hat. Aber auch die Mauese sind anders hier! ;-)
Am Montag wurde in der Schule der "Tag der Entdeckung Amerikas" - 12. Oktober 1492 - (nach)gefeiert. Mir kommt es so vor, als ob sie jede Woche irgendeinen Festtag zu feiern wissen! Natuerlich gab es dadurch nur wenige Stunden Schule, da der "Festakt" mit Sketchen, Liedern, ... mehr als zwei Stunden dauerte. Fotos folgen!
Am Montag Nachmittag spielte ich endlich das erste Mal Klarinette in Bolivien - schrecklich, wie viel man in 3 Monaten verlernt - aber ich werde ueben! ;-)
Am Abend wollten wir uns mit den Becados den Film "Una verdad incómoda" (Eine unbequeme Wahrheit ansehen), aber leider gab es fuer den DVD-Player keine Fernbedienung um die spanischen Untertiteln einzuschalten und in Englisch verstehen sie natuerlich nichts. Nach mehr als einer Stunde probieren, wobei zwischendurch immer der Strom ausfiel, da das Kabel locker war, zeigten wir ihnen den Film "El día después de Mañana" ("The day after tomorrow"). Die erste Stunde verlief alles ruhig, aber auf einmal machte es einen Krach und ein Tisch voller Becados brach zusammen - zum Glueck verletzte sich niemand!
Am Dienstag bereitete ich mir selbst meine Geburtstagsueberraschung zu: Kochbananen - einfach herrlich! Sehen aus wie normale Bananen, sind allerdings ein wenig groesser. Diese schaelt man und braet sie in Oel heraus - schmecken suess und, meine Meinung, ein wenig wie Wachauer Aepfel - einfach gut!
Am Abend lud ich Gladys und ihre Tochter auf Refresco de Oca (Erfrischungsgetraenk aus Oca - eine Art von "Kartoffeln", sind aber keine Kartoffeln! - hier ein Internetlink: Oca), Popkorn und Schokorosinen ein und erzahlte ihr, dass ich heute Geburtstag habe.
Am Mittwoch beim Mittagessen kamen auf einmal alle Becados mit jeweils einer Handvoll Konfetti und gratulierten mir zum Geburtstag. Zuerst bekam ich allerdings die Konfetti ins Haar gestreut - ich schaute aus wie ein geschmueckter Weihnachtsbaum!
Am Donnerstag hatten wir einen verletzten Becado - er hatte sich mit einem anderen Schueler geprugelt und hatte ein blaues, zugeschwollenes Auge. Moechte allerdings nicht wissen, welche Strafen der Direktor am Freitag Morgen austeilte, da hier Pruegeln noch als normal angesehen werden.
Am Freitag hatten wir grosses Glueck: Schon um 12 Uhr fanden wir ein Auto, dass uns bis Macha mitnahm - allerdings auf der Ladeflaeche des Chips und somit wusste ich nach der Fahrt nicht, warum ich vorher meine Brillen gewaschen hatte. :-) Von Macha bis nach Pocoata fuhren wir im Trufi - zum Glueck hatte ich einen Platz, wo ich meine Fuesse ein wenig ausstrecken konnte. Auch bis Llallagua ging es im Trufi: Als Fahrgast hatten wir auch ein Lamm, das auf dem Schoss einer Campesina mitfuhr. Spaeter sah ich, dass auf dem Dach des Trufi noch zwei weitere Schafe einfach festgebunden waren. Arme Tiere, die die beinahe dreistuendige Reise so verbringen mussten!
Gestern Abend ging ich mit Andreas noch ein, zwei Bier trinken und wir "feierten" meinen Geburtstag!
Aber wie auch der Titel dieses Eintrag lautet: Ein besonderer Geburtstag - inmitten von Lamas, Pampa im Nirgendwo von Boliven - er wird sicher unvergessen bleiben!
Liebe Gruesse,
bis bald,
Andreas

Samstag, 13. Oktober 2007

Zwei Monate Bolivien ODER: A mal tiempo, buena cara

¡Hola!
Nachdem ich letztes Wochenende leider nicht Zeit hatte, euer Wissen upzudaten, diesmal die News von zwei Wochen.
Nachdem ich nach der Sieben-Stunden-Reise aus La Paz heil in Llallagua angekommen war, testete ich am Sonntag noch die Kuenste der lokalen Handwerker. Beim Innenfutter meiner Daunenjacke war eine Naht aufgegangen und ich hatte schon Angst, dass ich nun Nadel und Zwirn auspacken und mit meinen zwei linken Hand diesen Schaden naehen muesste. Ich bin dann aber doch zu einem Schneider getrottet und war gluecklich, dass ich nach einer halben Stunde und 60 Cent weniger meine makellose Jacke wieder in den Haenden halten konnte. Eines weiss ich, bei diesen Stundensaetzen werde ich sicher kein einziges Mal in diesem Jahr eine Nadel angreifen!
Naechste Schwierigkeit: Als gaumenverwoehnter Oesterreicher wollte ich nun zu Butter (keine Margarine!) OHNE (nicht mit!) Salz kommen. Leider gibt es aber diese nur in einem Geschaeft in Llallagua zu kaufen, da hier die einheimische Bevoelkerung, wenn ueberhaupt, nur Margarine oder Butter mit Salz isst. Die Butter, die sie mir verkaufen wollten, war aber seit mehr als zwei Monaten abgelaufen. Als ich reklamierte, sagte die Geschaeftsinhaberin, dass der doch noch bis Ende 2009 haelt - sie irrte: 09:25 war der Produktionszeitpunkt! Ich wies sie auf ihren Irrtum hin, doch sie meinte es gaebe nur diese, und wenn mir das nicht passt, gibt es gar keine. Na gut, dann werde ich mich eben mit Butter MIT Salz zufriedengeben.
Am 1. Oktober wird in Bolivien der "Día del Árbol" (Tag des Baumes) gefeiert und wir nutzten diese Moeglichkeit, um ueber die Wichtigkeit von Baeumen und einer sauberen Umwelt zu sprechen. Die Kinder haben keine Ahnung, ob eine Plastiktuete oder eine Bananenschale der Umwelt schadet! Waehrend der gesamten Woche zeichneten die Becados "ihren" Baum und wir stellten alle Bilder im Buero zu Schau. Fuer die besten Bilder habe ich auch kleine Preise gekauft, aber leider wurde die Preisverleihung verhindert - dazu aber spaeter!
Am Mittwoch Abend musste eine Becada verzrtet werden, die sich bei der Tuer den Kopf aufgeschlagen hatte. Aufgeregt kam ein Haufen Kinder angerannt und berichteten so ueber die Wunde, dass man glauben koennte, dass Maedchen haette sowieso keine Ueberlebenschance. Gladys, die ja zum Glueck Krankenschwester ist, bereitete ihre Instrumente zum Naehen vor - klingt fuer Oesterreich vielleicht wild, wenn es aber sie nicht macht, naeht die Wunde sicher keiner, denn zum naechsten Arzt sind es mehr als drei Stunden. Im Endeffekt war es dann eine kleine Platzwunde, die mit einem Plaster verarztet wurde!
Am Freitag - nach meiner ersten vollstaendigen Woche in Tomaycuri - war auch die Reise nach Llallagua wieder ein Abenteuer. Zuerst einmal eine Stunde nach Macha auf der Ladeflaeche eines LKWs, der Schuttersaecke transportierte - viel Staub und Wind, aber wenigstens hatten die anderen Mitreisenden eine Sache zum Ueberlegen: Was macht der Gringo auf dem LKW? Danach gingen wir, das heisst Gladys, ihre Tochter und ich, eine halbe Stunde bis zur naechsten Kreuzung, wo wir wieder auf eine "Movilidad" (Mitfahrgelegenheit) warteten. Zum Glueck nahm uns ein LKW, der Kekse transportierte, mit. Der Junge des Fahrers wurde auch zu uns auf die Ladeflaeche verfrachtet, damit er aufpasse, dass wir ja keine Kekse essen wuerden. Doch der Schrecken war noch nicht vorbei: Von Pocoata bis Llallagua - zweieinhalb Stunden - fuhren wir in einem "Trufi" (Kleinstbus) - kein Platz fuer Fuesse, heiss, stickig, der Nachbar schlaeft wie ein Baby auf deinen Schultern - fix und fertig um acht Uhr abends in Llallagua angekommen. Dort war zum Glueck schon Andreas, der andere Volontaer der Fundación - beim Abendessen und dem Bier danach, machten wir eine ausfuehrliche Nachbesprechung unserer Erlebnisse. Einfach super mit jemanden, der ungefaehr das gleiche wie du selbst erlebt, zu reden und sich auszutauschen!
Am Sonntag mussten ich dann schon mit dem Bus um 8 Uhr fahren, da der um 10 diese Woche nicht in Llallagua angekommen ist - keiner weiss wo er steckt, habt ihr ihn vielleicht in Oestereich gesehen? Bei dieser Fahrt gab mir Gladys auch noch einen wichtigen Tipp: A mal tiempo, buna cara - was soviel heisst, auch wenn das "Wetter" schlecht ist, mach ein frohes Gesicht!
Am Montag vergangene Woche erklomm ich dann unseren Hausberg - tolle Aussicht, nur ziemlich viel Wind und leider bin ich mit der rechten Hand in das "Paja" ("Gras" - siehe Fotos) gefallen und jetzt habe ich lauter kleine Wunde, die teilweise zu eitern beginnen, da sich noch die Spitzen dieser Pflanze darin befinden.
Am Dienstag war dann eine Besprechung mit der Verantwortlichen der Fundación Pueblo von Norte Potosí, dem Subalcalde von Macha ("Vize-Buergermeister"), den Anfitrionas (Gastmuetter) und den Eltern der Becados. Der Grund der Versammlung war, wie so oft, das liebe Geld: Mehr SchuelerInnen als erwartet und mehr gehaltene Schultage (kalkuliert wird mit 16 Schultagen im Monat - in Tomaycuri sind es durchschnittlich 21) und dadurch reicht das Geld bis zum Jahresende nicht. Wenn nicht das Municipio (Bezirk) noch das fehlende Geld zuschiesst, koennte es sein, dass das Programm Ende November beendet wird und erst wieder im Februar neu beginnt. Wo die Becados die letzten zwei Schulwochen unterkommen sollen, wird gerade noch ueberlegt. Hoffentlich bekommen wir das fehlende "Plata" (Geld)!
Am Mittwoch erwarteten wir fuer ein Uhr das Auto der Fundación, in dem sich Barbara, die Lehrerfortbildungen machen sollte, Rosa, die Supervisorin des Programms und Alex, der Chauffeur befanden. Um 5 Uhr, als wir gerade die Bilder der Becados praemieren wollten, kamen sie dann an - fix und fertig und mit kaputten Auto. Sie hatten auf dem Weg nach Tomaycuri einen Unfall mit einem LKW - zum Glueck wurde niemand schwer verletzt. Barbara hatte allerdings mit dem Kopf die Windschutzscheibe zertruemmert und hatte dadurch ziemliche Schmerzen. Auch Alex hatte durch den Aufprall auf das Lenkrad Schmerzen im Brustbereich. Um die Situation fuer die beiden zu verbessern, gingen wir auf die Krankenstation in Tomaycuri, wo die beiden jeweils eine Spritze gegen die Schmerzen vom Krankenpfleger bekamen - Kosten: je 35 Cent.
Da Barbara schnellstmoeglich in ein Spital wollte, um sich untersuchen zu lassen, traten wir schon am Mittwoch um 8 Uhr abends unsere Reise nach Llallagua an. Zuvor musste allerdings noch der Kotfluegel ausgebeult werden, der durch den Unfall den Reifen streifte - bei solchen "Notfaellen" merkt man wie die Bevoelkerung am Land zusammenhaelt: Angefangen von den Lehrern ueber die Dorfautoritaeten halfen alle mit um das Auto soweit zu "reparieren", dass wir bis Llallagua kaemen.
In Macha war ich dann das erste Mal auf einer bolivianischen Polizeistation, wo der Unfall protokollierten wurde. Fuer den Polizisten, den wir um 10 Uhr abends geweckt hatten, war das Wichtigste, dass seine Uniform perfekt sitzt. Auch der LKW-Fahrer war anwesend und so diskutierte man, wer nun die Schuld hatte. Anscheinend soll auch nicht der Fahrer gefahren sein, sondern sein Gehilfe, der natuerlich keinen Fuehrerschein besitzt. Auch der Fahrer hatte nur den B-Fuehrerschein und lenkte ein C-Fahrzeug, was aber ganz einfach egal war - er hatte zumindest irgendeinen Fuehrerschein! Um 4 Uhr morgens kamen wir nach einer nervenaufreibenden, beinahe 7-stuendigen, Fahrt - alle paar Kilometer musste wir anhalten und den Motor, der immer wieder heiss wurde, mit Wasser kuehlen - in Llallagua an und ich fiel halb tot auf meine Matratze
Am Donnerstag war unser Glueckstag: Da die Fundación ein anderes Zimmer in Llallagua gekuendigt hatte, bekamen wir eine komplette Zimmereinrichtung fuer unser trautes Heim in Llallagua - sogar ein Radio war dabei! Auch zwei Bettgestelle haetten wir bekommen, die wir aber dankend ablehnten, da wir froh sind, zumindest am Wocheende auf einer harten Matratze (liegt nur am Boden) schlafen zu koennen, weil diese im Dorf mehr als genuegend weich sind. Zusaetzlich bekamen wir noch jeweils zwei zusaetzliche Decken - wir hatten uns zwar jeweils eine gekauft, aber nach einer kalten Nacht, wussten auch die Gringos, dass das nicht ausreicht! Mit drei Decken schlaeft sich nun endlich gut und vor allem warm!
Gestern besichtigte ich noch ein bolivianisches Landkrankenhaus: Die Sekretaerin der Fundacón hatte vorgestern ihr Baby zur Welt gebracht und so statteten wir ihr einen Besuch ab. Obwohl ich gar nicht soooo interessiert war, das Baby zu sehen, fuhr ich trotzdem mit, um einmal das Innere eines Krankenhauses zu sehen. Das Krankenhaus ist wirklich klein (hoechstens 25 Betten) und nicht wirlich gut ausgestattet - aber es gibt zumindestens Aerzte dort!
Nach diesem ausfuehrlichen Bericht, folgt noch der Link zu den Fotos:
Oktober - 2 Monate Bolivien


Zuletzt nochmal der Link zu der Homepage meiner Organisation, Fundación Pueblo, die gerade aktualisiert wurde: www.fundacionpueblo.org
Uebringens: Das Foto zum Bericht "Besuch von CEPAL" ist von mir!
Liebe Gruesse,
¡hasta pronto!,
Andreas

Samstag, 29. September 2007

Wieder einmal aus La Paz!

¡Hola a todos!
Am letzten Sonntag musste ich wieder einmal feststellen, dass Zeit hier andere Einheiten hat: Abgemacht waere gewesen, dass wir um 10 Uhr mit einem Lehrer von Llallagua nach Tomaycuri fahren - Abfahrt war schliesslich, nachdem wir auch noch zu Mittag gegessen hatten, um 1 Uhr! Anmerkung zum Mittagessen: Wir assen Chicheron, gekochtes Schweinefleisch auf Mais und mit Bratkartoffeln, und das aber ohne Besteck, sondern nur mit den Fingern! Wer mich kennt, weiss, dass ich dem aber gar nicht so abgeneigt bin! ;-)
In Tomaycuri war am Sonntag ein "grosses" Fest: Was gefeiert wurde, habe ich leider nicht herausgefunden, aber das Wichtigste, zumindest fuer die Einwohner war, stockbesoffen zu sein. Nicht wie in Oesterreich, wo eben eine(r) - oder auch mehrere - den Festrausch ausfassen, sondern wirklich beinahe alle waren so betrunken, dass sie nicht mehr stehen konnten.
Am Montag in der Frueh dann gleich der grosse Schock fuer mich: Waehrend ich mit den Becados vor Unterrichtsbeginn arbeitete, kam eine Frau mit einem Kleinkind ins Buero der Fundación. Leider verstand ich nicht, was sie wollte, da sie nur Quechua sprach. Als dann Gladys von ihrem morgendlichen Kontrollgang zurueckkam, wurde klar, wo das Problem lag: Das Baby war schwerkrank und konnte durch seine Verkuehlung beinahe nicht atmen. Gladys, die ja Krankenschwester ist, gab ihr noch eine Antibiotikumspritze, doch eine Viertelstunde spaeter war es tot. Ich war zutiefst betroffen, da ich zuvor noch nie jemanden sterben gesehen habe und ich wusste, wie leicht dieses Kind in Oesterreich zu retten gewesen waere. Aber diese Ueberlegungnen sind sinnlos, denn ich befinde mich in Bolivien, wo es am Land (nahezu) unmoeglich ist, Zugang zu einer aerztlichen Behandlung zu bekommen.
Am Nachmittag wurde Tomaycuri der "Día del Estudiante" gefeiert, da am Freitag (Fruehlingsbeginn) keine Schule gewesen war. Alle Fruehlingsprinzessinen steckten in ihren besten Kleidern, die beste Schuelerin und der beste Schueler wurden geehrt und zum Schluss wurde sogar Walzer getanzt. Fuer mich allerdings enttaeuschend, da nur ein wenig geschunkelt wurde. ;-) Aber seht selber die Fotos!
Am Dienstag dann schon wieder eine Feier in der Schule: "Bautizos" (Taufen) - sind aber nur ein Scherz. Ein als Priester verkleideter Schueler tauft mit einer ekeligen Fluessigkeit SchuelerInnen, die dann in der Schule einen neuen "Spass"-Namen haben. Interessant ist aber, dass nach der Taufe der Taeufling einen Tanz mit "Gut" und "Boese" auffuehrt und sich entscheiden muss, mit wem er/sie den Platz verlaesst und mit wem er/sie seinen Lebensweg gehen moechte.
Am Mittwoch Nachmittag trat ich dann meine Reise nach La Paz an, da am Donnerstag und Freitag keine Schule abgehalten wurde, weil die LehrerInnen am Donnerstag Fortbildung hatten und - klar -, dass dann am Freitag auch frei ist. Um 2 Uhr morgens, nach ueber 13 Stunden Reise (ab 1 Uhr Nachmittag bis 17 Uhr nach Llallagua und von dort ab 18 Uhr nach La Paz) kam ich dann fix und fertig in La Paz an, wo ich mich nur mehr auf ein Bett freute.
Hier im Haus der Schweitzerin konnte ich fuer zwei Tage den Luxus, der in Europa normal ist, geniessen und mich ein wenig erholen. Ausserdem ist in La Paz auch die einzige Moeglichkeit an Geld von meinem oesterreichischen Konto zu kommen, da es nur hier Bankomaten gibt.
Gestern Nachmittag bestaunte ich besten Pressefotos des Jahres 2006 in der "World Press Foto Exhibiton 2007", die sich zur Zeit in La Paz befindet. Erstaunlich, was man mit einer Kamera alles festhalten kann, aber ihr koennt euch unter http://www.worldpressphoto.org ebenfalls die Fotos ansehen!
Am Abend bin ich mit Andreas, dem anderen Volontaer, in ein Konzert einer Band aus La Paz gegangen. War toll einmal als "Gringo" nicht aufzufallen, da die Besucher fast nur Weisse, und damit Oberschicht, waren. Auch die Musik gefiel mir ganz gut und, da man sogar tanzen konnte, war es beinahe wie ein "Fortgehen" in Oesterreich!
Heute Nachmittag werde ich mich wieder in die flota setzen um nach einer sieben-stuendigen Reise eine Nacht in Llallagua zu verbringen. Am Sonntag geht es dann wieder ab nach Tomaycuri.
Liebe Gruesse,
¡hasta pronto!
Andreas
Hier noch der Link zu den neuen Fotos:
September

Samstag, 22. September 2007

4 Wochen Tomaycuri

¡Hola!
Der woechentliche Lagebericht folgt sogleich:
Letzten Sonntag bin ich mit einem Bus nach Tomaycuri gefahren - ist, fuer Bolivien, komfortabel und kostet fuer uns Europaer fast nichts: fuer 4.5 Stunden Fahrt gerade einmal 2 Euro.
In Macha - eine Stunde vor Tomaycuri - hatte ich ein interessantes Erlebnis: Ich kaufte mir um 1.5 Bolivianos Mandarinen und wollte mit einem 20er-Schein bezahlen. Leider ueberforderte ich damit die Rechenkuenste der Marktfrau und wir hatten eine Diskussion, unterbrochen von Beschimpfungen, dass mit dem Gringos nie etwas passt, ob jetzt noch ein Boliviano fehlt oder doch nicht. Obwohl mir dieser Boliviano nicht wirklich abgegangen waere, habe ich schlussendlich - dank meines ueberzeugendem Spanisch ;-) - gewonnen!
Seit 2 Wochen bereite ich mein Trinkwasser schon mit SODIS zu. Bei dieser Methode wird das Wasser in weissen PET-Flaschen auf das Wellblechdach in die Sonne gelegt. Nach 6 Stunden Sonnenschein sollte alles Schaedliche durch die UV-Strahlen abgetoetet sein. Wer mehr Infos moechte: http://www.sodis.ch/German/index_neug.html Und es funktioniert, denn ich habe keine Probleme mit meinen Magen!
Seit dieser Woche kann ich auch Radio hoeren: Ich bin draufgekommen, dass im Campo alle Programme auf AM (und nicht wie in Oesterreich mit FM) gesendet werden und ich die AM-Antenne nicht angesteckt hatte! Interessant ist nur, dass sich die Empfangsqualitaet der verschiedenen Sender im Laufe des Tages erheblich aendert. Beim Fruestuck kann ich sogar die Ein-Uhr-Nachrichten eines deutschen Senders hoeren, zum Mittagessen empfange ich dann BBC-World-Service und am Abend gibt es dann einen Lokalsender im Angebot. So bekomme ich zumindest ein wenig von der grossen, weiten Welt mit! Ohne Radio wuerde ich wahrscheinlich nicht einmal wissen, wenn es in Bolivien einen Golpe de Estado (Regierungsputsch) gaebe! ;-)
Meine Arbeit mit den Becados schreitet auch gut voran - mittlerweile kann ich auch gut einschaetzen, wieviel ich ihnen zumuten kann und vorallem weiss ich nun, was sie wirlich nicht koennen und was sie nur nicht machen wollen. Die Englischlehrerin unterstuetze ich auch taeglich zwei Stunden. Ausserdem habe ich auch meine ehemalige Englischlehrin und meinen Klassenvorstand um Unterstuetzung in Form von oesterreichischen Englischbuechern gefragt. Und es sieht gut aus!
Am Dienstag kam dann Annette, die Schweizerin, mit einer Kommission nach Tomaycuri. Fundación Pueblo nimmt an einem Wettbewerb ueber paedagogische Verbesserungen in Lateinamerika teil und ist mit ihrem Programm "Hospedaje Estudantil en Familias" (Schueler"internat" in Familien) von 500 Projekten in ganz Suedamerika unter die ersten 20 gekommen. Diese 20 Projekte werden nun noch naeher begutachtet und schlussendlich bekommen die besten fuenf Projekte Geldpreise. Die Kommission bestand aus einer Argentinierin und einer Chilenin und, obwohl sie so schnell und fuer mich auch undeutlich sprachen, verstand ich mich ganz gut mit ihnen und sie waren richtig begeistert von dem Programm. Ich wuensche der Fundación alles Gute und toi, toi, toi, damit sie unter die besten fuenf kommen! Wer sich jetzt naeher mit meiner Organisation, der Fundación Pueblo (Dorfstiftung), befassen moechte, hier noch einmal die Internetadresse: www.fundacionpueblo.org (auch auf Deutsch!)
Zu Abend gegessen habe ich an diesem Tag ein typisches Gericht von hier: Charque de Llama - getrocknetes Llama-Fleisch mit Kartoffeln, Mais und einem gekochten Ei. Echt lecker!
Am Mittwoch raeumte ich endlich meinen Kleiderschrank und baute mir aus einer Steinplatte und Ziegeln noch eine Ablage fuer meine Kochutensilien. Langsam wird es "mein" Zimmer!
Mittagessen war ich im Comedor ("Ausspeisung") der Becados und das war leider ein Fehler: Es gab eine Gemuesesuppe mit Reis (ganz lecker!), aber leider mit Riesenmengen an Chuño, der gefriergetrockneten Kartoffel (hier ein Link zu einem kurzen Artikel darueber: http://bolivien.kilu2.de/lk_chunoTunta.htm), und diese hat fuer mich einfach keinen Geschmack. Kleine Mengen kann ich runterwuergen, aber diesmal blieb trotzdem etwas Schweinefutter uebrig!
Am Donnerstag konnte ich schon wieder nach Llallagua aufbrechen, da ein weiteres Mal am Freitag keine Schule war, weil sich einmal im Monat die LehrerInnen hier ihren Gehalt in der Stadt abholen.
Freitag war dann auch in Llallagua ein interessanter Tag: Erstens war 21.Oktober und somit hier Fruehlingsbeginn. Gefeiert wird er als "Día del Estudiante" (Tag des Schulers) oder als "Día del Amor y de las Enamorados" (Tag der Liebe und der Verliebten). In allen Schulen gibt es Paraden, es werden Fruehlingsprinzessinnen gekuert, die besten SchuelerInnen geehrt und man schenkt seiner/m Liebsten Kleinigkeiten - also fast wie der Valentinstag bei uns. In Tomaycuri wird der "Día del Estudiante" dann einfach am Montag gefeiert, da ja am Freitag keine Schule war. Bin schon gespannt, da die Vorbereitungen schon die gesamte letzte Woche liefen!
Und zweitens war ich das erste Mal auf einem bolivianischen Begraebnis. Aehnlich wie bei uns - der Friedhof ist nur aber sehr verwuchert -, nur das man beim Hinausgehen Chicha (Maisbier - Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Chicha_%28Getr%C3%A4nk%29)
) bekommt. Schmeckt gar nicht so schlecht - ich hoffe nur, dass heutzutage der Mais nicht mehr von jemand anderen zuerst gekaut wird! Der erste und letzte Schluck des Getraenks ist aber immer fuer die Pachamama, der wichtigsten Goettin hier, und wird einfach auf den boden geleert. Auch bei langen Autofahrt bekommt die Pachamama an bestimmten Stellen Alkohol geopfert - und leider trinkt oft der Chauffeur den Rest!
Ab naechster Woche habe ich auch in Llallagua ein eigenes Zimmer gemietet - kann es nach einer Schweizer Entwicklungshelferin beziehen, die nun ihren bolivianischen Mann heiratet und zu ihm ziehen wird. Fuer 15 Euro im Monat werden dann der andere Andreas - ebenfalls Volontaer bei der Fundación Pueblo, allerdings nur fuer funf Monate - am Wochenende in diesem Raum hausen. Allerdings haben wir dort warme Dusche, und das ist das Wichtigste nach einer Woche im Campo!
Liebe Gruesse,
bis in einer Woche!
Andreas

Samstag, 15. September 2007

1 Monat Bolivien!

Hallo an alle, die sich in der Kaeseglocke Europa befinden! ;-)

Letzten Sonntag fuhren wir dann wieder mit dem Lehrer ins Dorf - zum Glueck hatte ich dieses Mal einen "normalen" Platz und musste nicht in den Kofferraum. Trotzdem war das Auto natuerlich wieder mehr als ueberladen und mittlerweile weiss ich auch, dass der Platz zwischen Fahrer und Beifahrer, d.h. auf dem Ganghebel, immer zu besetzen ist. In diesem Fall war es der Direktor der Primaria von Tomaycuri, der diesen Luxusplatz innehatte. Die Fahrt war ganz angenehm, nur dass ich am Abend Rueckenschmerzen hatte, da die Autos einfach nicht fuer meine Groesse gebaut sind. Zusatzlich ist mir ein weiteres Mal aufgefallen, dass der "Schutzabstand", den man in Oestterreich normalerweise gegenueber unbekannten Personen einnimmt, hier viel geringer ist. Aber auch kein Wunder, bei dieser Anzahl von Personen in diesem Auto!
Kurz vor Tomaycuri befindet sich Macha, wo letzten Sonntag gerade "Fería" (Messe) war. Ungefaehr wie ein Kirtag bei uns - nur um vieles lauter und bunter. Dort sah ich auch zum ersten Mal echtes Zuckerrohr. Um meine Neugierde zu befriedigen, kaufte ich mir gleich eine ganze 2-Meter-Stange um 0.7 Euro. Mit einer riesigen Machete wird einem die Stange auf handliche Stuecke gekuerzt. Am Abend musste ich dann feststellen, dass es ein harte Arbeit ist, bis man endlich Zugang zum suessen Mark hat. Beinahe haette es Tote gegeben, so geplagt habe ich mich beim Schaelen. Aber die Belohnung ist herrlich - schmeckt wie Vollrohrohrzucker, nur nicht ganz so suess. Der Rest vom Mark wird, nachdem man ihn zerkaut hat, einfach ausgespuckt und von den Schweinen eingesammelt, die diesen "Abfall" ein weiteres Mal kauen und auch wieder ausspucken. Da sagt noch jemand, Schweine seien keine Feinschmecker! Kleine Anmerkung: Am naechsten Tag zeigte mir Gladys, meine "Chefin", wie man die ganze Prozedur ohne Tote hinter sich bringt! ;-)
Am Dienstag war ich dann krank - ein wenig Durchfall und Erbrechen. Nichts Schlimmes, aber von Gladys, die Hilfskrankenschwester ist, haette ich alle moeglichen Tabletten, angefangen gegen Schmerzen bis zu Antibiotikum, bekommen. Ich lehnte dankend ab, da man nicht mit Kanonen auf Fliegen schiesst, aber man sieht, dass am Land einfach geschluckt wird, was gerade verfuegbar ist.
Am Abend brachte sie mir dann noch eine Medizin, die von einer Anfitriona (Gastmutter der Schueler) fuer mich zubereitet worden war: eine ganz duenne Suppe aus Getreide - schmeckte ganz gut und half auch - zumindest war ich am naechsten Morgen genesen.
Mittwoch Nachmittag war dann ein Fest fuer Gesandte der belgischen Botschaft. Diese Leute sind fuer Tomaycuri auch darum so wichtig, da sie im naechsten Jahr ein Hospital, eine Escuela del Campo (glaube, aehnlich einer Berufsschule) und einen Schlachthof fuer Lamas finanzieren werden. Einige Taenze und Musikstuecke wurden in den traditionellen Trachten aufgefuehrt - fuer mich einige interessante Stunden mit vielen Fotos. Ich hoffe fuer euch, dass ich sie bald ins Internet stellen kann. :-)
Uebrigens zu den Fotos: Alle, vor allem die Kinder und Jugendlichen, wollen auf ein Foto. Wenn ich mit der Kamera anruecke, kann ich mich von zukuenftigen Models gar nicht retten! ;-)
Am Donnerstag konnte ich bereits am Nachmittag in Richtung Llallgua aufbrechen, da die Lehrer am Freitag Fussball spielten, und darum kein Unterricht stattfand. Bolivien ist anders, aber, liebe LehrerInnnen in Oesterreich, ihr koennt ja mal eure(n) DirektorIn fragen, ob ihr naechsten Freitag auch frei bekommt! ;-)
Die Reise war dann wieder ein Abenteuer: Zuerst - wie immer - W A R T E N . Um 5 Uhr hatten wir die Hoffnung beinahe aufgegeben, dass wir noch am Donnerstag eine Fahrgelegenheit bekommen wuerden, aber dann kam doch ein Bus vorbei. Wir hatten Riesenglueck, denn dieser Bus fuhr zwar nur bis Macha, aber dort wartete noch die flota (Ueberlandbus) nach Pocoata. Dort wollten wir uns schon ein Schlafgelegenheit suchen, als noch ein Minibus Richtung Llallagua vorbeikam. Dieser war so ueberladen, dass ich meine Fuesse beim Kinn hatte - aber ich hatte zumindest einen Platz im Inneren ergattert, da auch zwei Maenner auf dem Dachtraeger beim Gepaeck mitfuhren. Leider hatte der Fahrer den Motor seines Gefaehrts ein wenig ueberschaetzt und so mussten bei jeder groesseren Steigung mindestens fuenf Personen aussteigen, die Steigung zu Fuss bezwingen und sich danach wieder in den Kleinbus schlichten.
Aber mit nach ueber viereinhalb Stunden kam ich hungrig, durstig und muede in Llallagua an, wo ich wieder im Haus der Schweizerin schlafe. Und ich hatte ein weiteres Mal Glueck: Eine deutsche Praktikantin war gerade aus La Paz angekommen und hatte Vollkornbrot mitgebracht. Eine Wohltat fuer meinen Geschmackssinn, der diese Weissmehlpampe schon nicht mehr schmecken kann! Das naechste Mal werde ich mir Saecke voller Brot von dieser Baeckerei, die ein deutscher Priester mit Strassenkindern fuehrt, mitnehmen!
Am Freitag Abend machten wir, das heisst Veerle, die Belgierin, die deutsche Volontaerin und ich, uns es so richtig gemuetlich: Quinoaauflauf, Rotwein, gute Musik und eine Zeitschrift - was will man mehr! Trotzdem gehen mir viele oesterreichische Sachen ab - auch nach einem Aufenthalt von 1 Monat und einem Tag hier. Vor allem geht ihr mir ab - ihr OesterreicherInnnen!
Liebe Gruesse,
Andreas
PS: Hier der Link zu den Fotos der letzten zwei Wochen:
1 Monat Bolivien

Samstag, 8. September 2007

Woche Nr. 2

Zu Beginn heute ein kleines Schaetzspiel: Wieviele Personen passen in einen mittelgrossen Nissan Chip mit Kofferraum (der nicht sehr gross ist)? Ihr koennt waehrend ihr diesen Eintrag lest, darueber raetseln!
Am Dienstag fuhren Gladys, die Verantwortliche von Tomaycuri, ihre Tochter und ich von Llallagua mit dem Bus nach Tomaycuri - oder zumindest wollten wir bis dorthin. Ein Dorf vorher - in Macha - war dann Schluss: Der Bus fuhr eine andere Route und wir sassen dort fest. Irgendwie hatten wir aber ins Dorf zu kommen und so warteten wir auf irgendeine "Movilidad", das heisst ein Auto oder ein LKW, der nach Tomaycuri faehrt und uns mitnehmen wuerde. So sassen und standen wir mehr als zweieinhalb Stunden am Marktplatz herum, fragten jeden Fahrer nach seinem Weg und hatten schlussendlich doch Glueck: Ein Chip nahm uns mit! Man erkennt daran, dass Zeit in Bolivien eine andere Bedeutung hat - man wartet ohne zu jammern einen halben Tag auf ein Auto, das vielleicht hier vorbeikommt!
Eines werde ich hier sicher lernen: G E D U L D
Interessant war aber die Busfahrt selbst: Vom Schueler bis zur Marktfrau, von der Bauerin, die ihre Hueherkueken in ihr Dorf karrt, bis zum Oesterreicher, der zu seinem Einsatzort fahrt, war alles vertreten und das noch durchmischt mit dem Gepaeck, das ein jeder kiloweise mitschleppt. Eine, fuer mich als Auslaender, beeindruckende Mischung und vor allem ein exemplarisches Abbild der Bevoelkerung Boliviens auf kleinsten Raum!
Am Mittwoch wusch ich das erste Mal meine Waesche im Dorf, natuerlich mit der Hand! Welch anstrengende Arbeit - ich freue mich schon wieder auf die Waschmaschine!
Am Donnerstag wurden dann meine gesamten Kenntnisse auf die Probe gestellt: Ich uebernahm fuer 2 Tage den Unterricht der Quinto in der Primaria (entspricht bei uns 1. Klasse Hauptschule). Doch es geht ganz gut und ich bin beeindruckt, dass ich mit meinen Spanischkenntnissen sogar Dividieren mit 2-stellingen Zahlen erklaeren kann. Aber es dauert alles viel laenger als bei uns und die Schueler sind viel uneigenstaendiger. Ausserdem ist es fuer mich schwierig zu unterscheiden ob sie zu etwas nur keine Lust haben oder es wirklich nicht koennen. Schwieriger ist der Turnunterricht zu bewaeltigen, da mir die Vokabeln fehlen um ein Fussballspiel wirklich kommentieren zu koennen. Also eine kleine Anregung an die oesterreichischen SpanischlehrerInnen, auch Vokabeln zum Sportunterricht-Geben zu lehren! ;-)
Ab naechster Woche werde ich dann - hoffentlich - einen "fixen" Stundenplan haben: Jeden Tag von halb 8 bis halb 9 morgens unterstuetze ich die SchuelerInnen, die bei der Fundación ein Stipendium habe, bei der Hausaufgabe, falls sie welche haben, was ausserst selten vorkommt. Ausserdem mache ich mit ihnen Uebungen zur Rechtschreibung, Mathematik oder was mir einfaellt. Zur Rechtschreibung: Da die Schueler alle Quechua als Muttersprache haben, ist es fuer sie sehr schwierig, sowohl i und e, als auch o und u zu unterscheiden, da es im Quechua fuer jeweils beide Buchstaben nur ein Zeichen gibt.
Dasselbe ist nocheinmal am Abend von 17 bis 19 Uhr mit einer anderen Gruppe zu machen. In der Zwischenzeit werde ich taeglich zwei Stunden die Englischlehrerin unterstuetzen und Turnstunden geben.
Am Freitag gab es in der Frueh eine kleine Attraktion: SCHNEE! Das kommt im Dorf anscheinend nur zweimal im Jahr vor, obwohl wir uns auf ueber 4000 Metern befinden. Aber innerhalb von zwei Stunden ist wieder alles vorueber und es bleibt nur mehr das ueber, das wir im Muehlviertel so schoen mit Gatsch bezeichnen. Auch dieser weicht innerhalb von weiteren zwei Stunden wieder der trockenen Erde.
In der Frueh hielt ich wieder Unterricht in der Quinto und hatte ein weiteres interessantes Erlebnis: Ich hatte den Schuelern am Donnerstag eine Rechnung als Hausaufgabe gegeben und, wie ich erwartet hatte, konnten nur cirka 5 SchuelerInnen die Rechnung vorweisen. Nichts Aussergewoehnliches, oder? Nur das die anderen mir versprachen am Montag als Ersatz Kartoffeln mitzubringen, ist in Oesterreich nicht so alltaeglich!
Nachdem ich den Unterricht und die zwei Englischstunden absolviert hatte, hiess es wieder warten auf ein Auto, dass uns nach Llallagua bringen koennte. Nach drei Stunden Wartezeit fuhren wir zuerst ein Stueck mit dem Schulbus, der fuer mich viel zu niedrig gebaut ist und ich deswegen meinen Kopf schieflegen musste, und danach mit dem Chip eines Lehrers weiter bis nach Llallagua. Und hier kommt auch die Aufloesung der Schaetzfrage: Nicht die normale Anzahl von 5 Personen fuhr mit, sondern insgesamt 15! Davon ich mit 3 Kindern im Kofferraum. Ich hatte zuvor gar nicht gewusst, wie oft ich mich knicken kann! ;-) Im Endeffekt war es nicht so schlimm und wir kamen gut um halb 10 Uhr abends in Llallagua an, wo ich mich sofort zu meiner Unterkunft aufmacht - dem Haus einer Schweizer Familie, wo gerade eine belgische Volontaerin wohnt. Mit ihr tauschte ich dann noch ein wenig Bolivien-Erfahrungen aus, und das sogar auf Deutsch. Dank Erasmus (Studentenaustauschprogramm der EU) hat sie ein halbes Jahr in Wien an der BOKU studiert.
Heute in der Frueh goennte ich mir endlich wieder einmal den Luxus einer warmen Dusche - unter der Woche gibt es ja nur Waschen mit vorher erhitzten Wasser (den Luxus von Warmwasser goenne ich mir!) aus einer kleinen Schuessel. Aber es funktioniert und man ueberlebt! ;-)
Bevor ich morgen um ein Uhr wieder meine dreieinhalb-stuendige Reise nach Tomaycuri antrete, werde ich mich noch mit viel Obst und Gemuese (gibt es am Land fast nicht) und sonstigen Luxussachen (Butter, Marmelade, Honig, usw.) eindecken!
Wuensche euch eine schoene Woche, geniesst Oesterreich und bis zum naechsten Mal,
Andreas

Sonntag, 2. September 2007

Bolivien ist anders!

Zuerst einmal die im letzten Eintrag versprochenen Fotos von der Reise von La Paz nach Llallagua und von der Stadt selbst:
Reise von La Paz nach Llallagua

Am Samstag ging es dann um 5 Uhr frueh los in Richtung Tomaycuri. Eigentlich haetten auch noch 2 Tischler mitfahren soll, aber, wie alles hier in Bolivien, nichts ist fix.
Die Strassen hier sind eine Katastrophe - links der Berg, rechts ein Abhang - aber zum Glueck muss ich nicht selber fahren und Alex, der Chauffeur der Fundación meistert auch die schlimmsten Kurven mit Bravour.
Hier also die Fotos von der Autofahrt:
Reise von Llallagua nach Tomaycuri

Um halb neun begann dann Anettes Fortbildung fuer die Lehrer - Thema: Textproduktion. Als die Lehrer selber einen Text schreiben sollen, dauert es Ewigkeiten und das Ergebnis ist recht mager - dies sind also jene Menschen, die den Kindern etwas lehren sollen. Fuer Bolivien ist es aber schon ein grosser Fortschritt, dass es eine Schule gibt.
Danach beziehe ich mein Zimmer: Es ist noch vollgeraeumt und schmutzig - ich bin etwas geschockt - ich habe es mir schon so aehnlich vorgestellt, aber wenn man das alles - die Armut, die Einfachheit, die Frohheit der Leute und mein einfaches Zimmer - ist man schon sehr geruehrt. Das Mittagessen ist ein typisches bolivianisches Landgericht: Zuerst Suppe mit gefriergetrockneten Kartoffeln und ein Stueck Knochen mit etwas Fleisch, danach Reis mit Gemuesesosse. Das alles wird aber nicht bei Tisch eingenommen, sondern auf einer Stange am Boden und nur mit dem Loeffel (Gabel und Messer zum Essen kennt man am Land nicht) - beinahe komme ich mir vor wie ein Huhn!
Am Nachmittag kommt zusaetzlich ein starker Wind auf. Durch die Trockenheit ist der Boden ausgedoerrt und wird vom Wind ueberall dorthin geblasen, wo man ihn nicht benoetigt: in die Augen, ins Zimmer (die Tueren sind ja nur Eisentueren, die nicht dichten), in die Kleidung oder zu den Lebensmitteln.
Obwohl es in der Nacht kalt ist, schlafe ich dann dank meines Daunenschlafsackes gut.
Am Sonntag geht es mir nicht gut: Von Gladys, der Verantwortlichen der Fundación Pueblo hier im Dorf, erfahre ich, dass ich pro Tag nur zweieinhalb Stunden Arbeit habe: Am Morgen vor der Schule eine Stunde und nach der Schule weitere eineinhalb Stunden Apoyo bzw. Pujllana mit den Becados (Apoyo = Hausaufgabenbetreuung, Pujllana = Spielgruppe, Becados = Schueler, die in den Gastfamilien schlafen und von der Fundación betreut werden). Mir macht vor allem die freie Zeit zu schaffen - was werde ich in diesem Jahr die restlichen Stunden am Tag machen? Im Dorf gibt es ja keine Moeglichkeit, sich irgendwie zu beschaeftigen.
Die Loesung ergibt sich aber im Laufe der Woche: Ich habe nun jeden die schon erwaehnten zweieinhalb Stunden in der Fundación zu tun, zusaetzlich habe ich alle Turnstunden der Schule (12 Klassen im Alter von 6 bis 18 Jahren) zu machen, und werde jeden Tag 2 Stunden die Englisch-Lehrerin unterstuetzten. Zum Englisch-Unterricht: Die Englisch-Lehrerin ist eigentlich selbst Englisch-Lernende und kann kein einziges Wort richtig aussprechen - im Unterricht wird prinzipiell nur Spanisch gesprochen und auch die englischen Saetze werden wie im Spanischen artikuliert. Zusatzlich wird nur Wort fuer Wort ein Satz nach dem anderen aus dem Spanischen ins Englische uebersetzt - mit einem Sprachenunterricht in Oestterreich also nicht zu vergleichen. Meine Aufgabe ist es nun, die Fehler der Lehrerin zu korrigieren und die Saetze Englisch auszusprechen - ich weiss, dass mein Englisch nicht das Beste ist, aber hier kann ich nur etwas verbessern! ;-)
Die Leute im Dorf sind alle nett und sind immer sehr ueber meine Groesse erstaunt. Interessant ist aber, welche Vorurteile noch herrschen: Eine aeltere Frau sprach mich an, und bat mich um Geld, damit sie sich ihre Zaehne richten lassen koennte. Ich sagte, dass ich auch keines haette, aber sie erwiderte mir, dass ich ihr ja die Zaehne auf der Stelle reparieren koennte. Ihr zu erklaeren, dass ich trotz meiner weissen Hautfarbe und meiner Groesse kein Arzt sei, dauerte einige Zeit. Also aufgepasst: Nicht jeder Weisse ist Arzt! ;-)
Am Donnerstag ist Anette mit einer Journalistin der deutschen Botschaft ins Dorf gekommen. Einige der Becados haben einen typischen bolivianischen Tanz aufgefuehrt (den Namen habe ich leider vergessen) und auch wir konnten uns vorm Tanzen nicht druecken --> Fotos spaeter!
Ausserdem habe ich endlich meinen Tisch bekommen. Bis jetzt habe ich meine Mahlzeiten - ich koche meist selber - im Bett mit einem Pappkarton als Tischersatz eingenommen. Am Freitag morgens bin ich dann wieder mit Anette, der Journalistin, dem Chauffeur nach Llallagua gefahren. Von dort weg sollten wir mit einem von der Journalistin organisierten Auto nach Oruro und dann weiter mit dem Bus nach La Paz fahren. Doch da auch sie Bolivianerin ist, hiess es auch diesmal: Nichts ist fix und kein Auto wartete auf. Darauf wollte uns Alex, der Chauffeur, nach Oruro fahren, doch nach zirka 20 Minuten Fahrt streikte der Motor. Zum Glueck liess die naechste flota (Ueberlandbus) nicht lange auf sich warten und mit dieser fuhren wir dann nach La Paz, wo wir erst kurz vor Mitternacht ankamen.
Hier kuriere ich nun meinen Magen aus, da mich Montezumas Rache schlussendlich doch erwischt hat. Doch ich bin zuversichtlich, dass bis morgen, wenn ich um 9 Uhr wieder nach Llallagua und am Dienstag dann weiter nach Tomaycuri fahre, alles wieder besser ist. Wuensche euch eine schoene Woche und bis zum naechsten Mal!
Andreas

PS: Hier noch der Link zu den Fotos:
Tomaycuri

Samstag, 25. August 2007

Letzter Bericht aus der Zivilisation! ;-)

Zuerst einmal eine Entschuldigung an alle, denen ich nicht mehr zurueckgeschrieben habe - aber ich hatte heute noch so viele Sachen zu erledigen, dass ich nicht mehr Zeit gefunden habe. Ausserdem muss ich jetzt noch essen gehen - habe einen so einen riesigen Hunger und das Bett waere auch schon gut, da ich morgen wieder um 5 Uhr wegfahren muss - Al mi destino final(Endziel): Tomaycuri - ENDLICH!
Heute morgen hatte ich meinen ersten richtigen Schock: Ich bin hier in Llallagua in einem Hotel untergebracht und hatte gemeinsam mit dem Techniker der Fundación ein Zimmer - nur waren das Bad und WC nicht nur fuer uns zwei sondern fuer das gesamte Hotel. Zusaetzlich sind die beiden sanitaeren Einrichtungen raeumlich voneinander NICHT getrennt und, drittens, gab es keinen Duschvorhang --> riesige Ueberschwemmung in dieser kleinen WC-/Duschkammer. Meine Ueberwindung mich trotzdem zu duschen, bewundere ich selbst! ;-) Es kann nur besser werden!
Morgen werden wir, das heisst Anette, der Chauffeur und ich, um 5 Uhr nach Tomaycuri aufbrechen, wo Anette eine Fortbildung fuer die Lehrer halten wird, an der ich ebenfalls teilnehmen werde. Freue mich schon mein Zimmer beziehen zu koennen!
Heute war ich am Markt einkaufen und habe Riesenmengen mitgenommen, da ich mir ja Fruehstueck und Abendessen (und wenn das Mittagessen nicht zu essbar ist, das auch) selbst zubereiten muss. Ihr werdet ueber meine Kochkuenste erstaunt sein, wenn ich wieder in Oesterreich bin. Wahrscheinlich werde ich im Laufe der Woche merken, dass ich soviele Sachen vergessen habe zu kaufen - aber in einer Woche verhungert man nicht! (Hoffe ich zumindest!) ;-)
Heute habe ich das Geld fuer Essen, Reise(n) nach Llallagua und La Paz bekommen. Bin schon gespannt ob es reichen wird - aber ich werde sehen! Und - zum Glueck - ist ein Euro hier soviel Wert, dass wenn man Geld wechselt, sich sofort wie ein "reicher Mann" vorkommt!
Wuensche euch nur das Beste und freue mich auf eure E-Mails, die - ich verspreche es - ich naechstes Wochenende ALLE beantworten werde.
Hoffe, dass es naechste Woche auch wieder Fotos geben wird!
Liebe Gruesse aus Llallagua (beinahe schon aus Tomaycuri),
Andreas

Donnerstag, 23. August 2007

Gut in Llallagua angekommen!

Nachdem wir, dass heisst Marco Coca, der Techniker der Fundación Pueblo, und ich, heute bereits um 6:30 mit dem Bus von La Paz aufgebrochen sind, komme ich nun meinen wirklichen Einsatzort immer naeher. Die 334 Kilometer lange Strecke ueber Oruru kostet umgerechnet gerade mal 2,3 Euros. Sogar mein schweres und sperriges Gepaeck (sind immerhin 2 Riesenkoffer und ein Tramperrucksack) war kein Problem - nur das alles ziemlich staubig geworden ist - so wie alles hier. Die Strecke von La Paz nach Oruro war sogar asphaltiert, das letzte Stueck ging dann ueber staubige Bergstrassen. Vor jeder unuebersichtlichen Kurve wird gehupt, damit der Gegenverkehr, den es sogar manchmal gibt, gewarnt ist. Kommt dann wirklich einmal ein anderer Bus, ein LKW oder sogar ein Auto entgegen, kann man nur auf das Koennen des Fahrers vertrauen, dass er den Bus, ohne von der Strasse abzukommen, am Gegenverkehr vorbeimanoevriert. Aber dank der Erfahrung des Chauffeurs, fuehlt man sich bereits beim dritten Mal nicht mehr unwohl.
Gestern hatte ich auch noch eine interessante Erfahrung: Ich ging am Nachmittag noch schnell einige Sachen kaufen in die Stadt, unter anderen Spuelmittel. Also fragte ich kurzerhand die Marktfrau, ob sie "algo para lavar plata" haben. Leider habe ich habe die Teller (el plato) mit dem Silber (la plata, was hier auf fuer Geld verwendet wird, verwechselt, und so hiess meine Anfrage ob sie "etwas fuer die Geldwaesche" haette. Als die umstehenden Marktfrauen in schallendes Gelaechter ausbrachen, wusste auch ich sofort, dass da irgendetwas nicht stimmen konnte.
Am Abend waren dann Anette, Raúl, Paulina und ich, im Hotel Presidente, von wo aus man den schoensten Blick auf die gesamte Stadt von La Paz hat, etwas trinken. Ich kann nur sagen - atemberaubend! Aber seht euch die Bilder (obwohl sie nie so sind wie die Wirklichkeit) selber an!
Heute werde ich mir noch die ein wenig die Stadt anschauen und danach bald ins Bett gehen! Bin doch ziemlich geschafft von der Reise.
Liebe Gruesse aus Llallagua (und ich entschuldige mich, dass ich es bis jetzt statt mit gu mit qu geschrieben habe)!
¡Hasta luego!
Andreas

Die (vorerst) letzten Fotos von La Paz

La Paz III


Die (vorerst) letzten Fotos von La Paz. Leider habe ich keine Zeit mehr, dass ich mehr berichten wuerde, denn es ist bereits 12 Uhr Mitternacht und ich muss um 5 aufstehen, da morgen in der Frueh der Bus nach Llallaqua faehrt. Die Koffer sind - zum Glueck - wieder vollgestopft und ich freue mich auf die morgige Reise!
¡Buenas noches! oder Gute Nacht!
Andreas

Mittwoch, 22. August 2007

Ein Muehlviertler in Bolivien

Gestern musste ich erfahren, dass Sachen, die in Oesterreich sogar fuer mich einfach zu bewaeltigen sind, in der Ferne zum Problem werden koennen. Ich wollte gestern meine restlichen Euro umtauschen - was ja nicht so schwer sein kann. ABER: Zuerst heisst es eine Bank zu finden, die ausser Bolivianos und Dollars auch Euro kennt. Dank Anette liess sich dieser erste Schritt noch relativ schnell meistern. Nachdem ich die Bank sogar gefunden hatte, traute ich meinen Augen nicht: Gleich 2 Polizisten um den Eingang zu bewachnen. Nicht dass einer jetzt glaubt, das waren so muede Wachmaenner - nein, beide mit einer riesigen Maschinenpistole in der Hand - fuer mich schon erschreckend genug! Nachdem ich mich getraut hatte, leise an den beiden vorbeizuschleichen und in die Bank gekommen war, hatte ich keine Ahnung, was als Naechstes zu tun war. Doch Dank des naechsten Polizisten (wieder mit Maschinengewehr!), der mir einen sogenannten "Wartezettel" zog und mir, nachdem er mich fuer ganz bloed erklaert hatte, erklaerte, dass ich mich nun in diesen Saal zu setzen und auf einen Bildschirm zu starren hatte, bis meine Nummer aufscheint, meisterte ich den naechsten Schritt. So sass ich dann laenger als eine halbe Stunde im Wartesaal, der sicher 50 Stuehle hatte, und starrte auf den Bildschirm, bis schlussendlich doch meine Nummer (CC251) erschien und ich zum Schalter Nr. 7 durfte. Dort erklaerte ich der Dame, dass ich 225 Euro wechseln wolle, obwohl ich nur 125 besass (wann werde ich endlich die spanischen Zahlen lernen!!!), und die einen beinahe einen Schock erlitt, dass ich die gesamten 1200 Bolivianos in 10er-Scheinen wollte. (Sie gab mir, dann doch auch 20er und 50er). Meine Idee nur 10er-Scheine haben zu wollen, klingt fuer Oesterreich vielleicht bloed, aber wenn du dein Brot fuer 5 Bolivianos mit einem 50er bezahlen willst, hast du keine Chance - niemand wird den Schein annehmen. Beim Heimgehen von der Bank hatte ich dann trotzdem irgendwie ein mulmiges Gefuehl, als mir klar wurde, dass diese 1200 Bol. mehr sind, als zum Beispiel ein Taxifahrer im Monat bekommt (ca. 800 Bolivianos = 80 Euro!).

Heute habe ich auch eine grossartige Leistung vollbracht: Ich habe naemlich endlich ein Foto einer Karte machen koennen, auf der auch Tomaycuri zu finden ist - zu sehen ist diese Karte auf nachfolgenden Link:
Landkarten

Am Nachmittag bin ich dann auf einen Markt gegangen, den Mercado Huyustus. Auf dem Weg dorthin bin ich noch in eine Demonstration fuer den Verbleib des Regierungssitzes in La Paz gelangt - auch einmal eine nette Erfahrung! Die Diskussion um den Regierungssitzverbleib wird zur Zeit wegen der Neuschreibung der Verfassung gefuehrt. Laut alter Verfassung ist Sucre die Hauptstadt, obwohl sich in La Paz die Regierung und alle internationalen Organisationen befinden und sie die groesste Stadt Boliviens ist. So moechten jetzt die einen, dass Sucre endlich auch Regierungssitz wird, die anderen aber, dass La Paz weiterhin dieses Recht behaelt.
Der Markt war dann ein wirklich tolles Erlebnis: Aehnlich wie ein Kirtag bei uns, nur viel groesser, lauter, bunter und vor allem interessanter. Ich habe mir dann einen Kopfpolster um 20 Bolivianos (2 Euro!) gekauft und bin - ich war richtig stolz auf mich - mit dem Taxi nach Hause gefahren. Und das fuer spottbillige 80 Cent. Die Fotos der Demo und vom Markt habe ich auch im Ordner La Paz II online gestellt. Hier nochmal der Link: http://picasaweb.google.com/ah4192/LaPazII
Langsam neigt sich mein Aufenthalt in La Paz dem Ende zu - nur noch 1 Tag -, denn am Donnerstag werde ich meine Reise ueber Llallaqua nach Tomaycuri antreten. Bin schon gespannt, was mich dort erwarten wird!
Liebe Gruesse aus La Paz! ¡Hasta pronto!
Euer Andreas

Montag, 20. August 2007

Fotos zu La Paz II

La Paz II


Geniesst ganz einfach meine Eindruecke von hier!